Der German Paralympic Media Award (GPMA) zeichnet herausragende journalistische Berichterstattung über den Sport von Menschen mit Behinderung aus. Dieses Jahr sind die Sportjournalisten Dorian Aust und Philip Wegmann unter den Preisträgern in der Kategorie "Online/Social Media". DGUV Kompakt sprach mit ihnen über ihre Motivation, Ziele und mögliche Lösungsansätze, um den Behindertensport sichtbarer zu machen.
Herr Aust und Herr Wegmann, Sie betreiben den Social-Media-Kanal "Alles para?" in Ihrer Freizeit. Wie kam es dazu?
Philip Wegmann: Dorian und ich haben während des Sportstudiums gemeinsam beim Campusradio in Köln gearbeitet. Danach wollten wir gern etwas zusammen machen. Wir hatten immer Anschluss an den Para-Sport oder Special-Sport, da wir beide Blindenreporter bei Bayer 04 Leverkusen sind. Außerdem haben wir einen Freund, der nahezu erblindet ist. Dorian ist mit ihm Marathon gelaufen. Und ich bin seit ein paar Jahren bei den Special Olympics Deutschland im Presseteam tätig. Das sind die Spiele für Menschen mit geistiger Behinderung. Während der Coronazeit haben wir dann beschlossen, den Podcast und Social-Media-Auftritt "Alles para?" ins Leben zu rufen.
Warum widmen Sie sich dem Behindertensport?
Dorian Aust: Wir haben das Gefühl, dass der gesamte Bereich des Behindertensports ziemlich unterrepräsentiert ist und wenig Fläche hat. Deshalb haben wir überlegt, wie wir dem entgegenwirken können. Also haben wir recherchiert und gemerkt, dass es keinen Podcast zum Para-Sport gibt. Das wollten wir ändern. Und ich glaube, wir sind bislang immer noch der einzige Podcast in diesem Bereich.
Neben dem Podcast nutzen Sie hauptsächlich Instagram. Warum dieser Kanal und welche Besonderheiten bringt die Berichterstattung über Para-Sport mit sich?
Philip Wegmann: Das Thema soll die breite Masse erreichen. Und wir wollen diejenigen ansprechen, die paralympischen Sport machen – sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport. Da wir das Projekt ehrenamtlich betreiben, mussten wir zudem schauen, dass sich der Aufwand im Rahmen hält. So bespielen wir neben Instagram nur noch Facebook. Auch die paralympischen Sportlerinnen und Sportler sind auf diesen Kanälen sehr aktiv.
Dorian Aust: Unser Ziel war es auch von vornherein, eine möglichst barrierefreie Berichterstattung anzubieten. Deswegen untertiteln wir zum Beispiel die Trailer für neue Podcast-Folgen, damit Gehörlose die Chance haben, mitzulesen. Zudem haben unsere Posts eine barrierefreie Bildbeschreibung, sodass die Inhalte auch für blinde Menschen zugänglich sind. Wir versuchen möglichst wenige Barrieren zu haben. Perfekt sind wir vermutlich nicht. Es gibt bestimmt immer noch Dinge, die man besser machen könnte, aber wir geben unser Bestes.
Was ist Ihrer Meinung nach nötig, um Behindertensport in der Gesellschaft sichtbarer zu machen?
Philip Wegmann: Gute Frage. Geld, um darauf aufmerksam zu machen. Sponsoren für Sportlerinnen und Sportler, sodass diese genauso als Werbefiguren fungieren können wie Athletinnen und Athleten ohne Beeinträchtigung. Natürlich benötigt es auch Sportstätten, die barrierefrei gestaltet sind. Am Ende läuft es leider meistens auf den finanziellen Aspekt hinaus.
Dorian Aust: Ich glaube, professionellere Strukturen im Behindertensport wären wichtig. Angefangen mit einem guten und barrierefreien Onlineauftritt. Zudem müssen die Menschen ohne Behinderung erreicht werden, weil der überwiegende Teil der Bevölkerung nun mal keine Beeinträchtigung hat. Da würde ein professionelles Storytelling der Vereine und Verbände helfen. Dann könnten die Medien das entsprechende Material leicht nutzen und verbreiten und so mehr Interesse bei allen wecken und die Sichtbarkeit des Para-Sports stärken.
Was waren die emotionalsten Begegnungen in Ihrer Berichterstattung?
Philip Wegmann: Die Begegnung mit Sebastian Dietz, dem zweifachen Paralympics-Sieger als er von seinem schweren Verkehrsunfall und dem schlagartigen Wandel in seinem Leben berichtet hat. Aber auch die Begegnung mit Tim Focken war sehr emotional. Er erzählte von seinem Bundeswehreinsatz in Afghanistan, bei dem er eine schwere Verwundung und infolgedessen eine Oberarm-Plexuslähmung erlitten hat.
Dorian Aust: Im Endeffekt versuchen wir in unserer Berichterstattung immer die emotionale Seite unserer Gesprächspartnerinnen und -partner hervorzuheben. Wir haben zum Beispiel am Anfang unserer Podcastreihe mit Johannes Grasser gesprochen, der sehr stark beeinträchtigt ist. Er studiert Sport und macht Sport, um am Leben zu bleiben und ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das war ein besonderer Blickwinkel auf etwas, das für uns so alltäglich und selbstverständlich ist.
Was bedeutet es für Sie, zu den Preisträgern des GPMA zu gehören?
Philip Wegmann: Wir haben uns riesig gefreut. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass wir das alles ehrenamtlich machen. Da freut es uns umso mehr, dass unser Kanal positiv wahrgenommen wird.
Dorian Aust: Es ist eine große Ehre und wir sind sehr stolz, den Preis jetzt auch in den Händen halten zu dürfen. Wir machen das immer so für uns am heimischen PC und sehen höchstens irgendwelche Klicks und Kommentare. Jetzt haben wir noch einmal einen Schub Motivation, das Projekt weiterzumachen und dranzubleiben.
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