"Arbeitsschutz kann dazu beitragen, dass Integration gelingt"

23.05.2024

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Dr. Katrin Boege vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG) (Foto: Stephan Floss / DGUV)

Zugewanderte Arbeitnehmende bringen unterschiedliche Voraussetzungen für sicheres und gesundes Arbeiten mit. Darauf müssen sich Betriebe und Einrichtungen im Arbeitsschutz einstellen. Anlässlich des Deutschen Diversity-Tags am 28. Mai erläutert Dr. Katrin Boege vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG), wie das gelingen kann.

In deutschen Unternehmen arbeiten zunehmend Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen. Haben Zugewanderte ein höheres Risiko für Arbeitsunfälle als Menschen, die hier geboren sind?

Nicht unbedingt. Gefährdet sind Beschäftigte mit Zuwanderungsgeschichte dann, wenn sie geringe Deutschkenntnisse haben und sich daraus Verständigungsprobleme ergeben. In Verbindung mit geringer Bildung und dem Einsatz an Arbeitsplätzen mit besonderen Risiken wie zum Beispiel auf dem Bau oder in Schlachtereien kann sich die Gefährdung noch erhöhen.

Welche Herausforderungen genau bestehen im Bereich Sicherheit und Gesundheit für Zugewanderte?

Fehlende oder geringe Deutschkenntnisse sind sicherlich das Hauptproblem für sicheres Arbeiten. Das hat im vergangenen Jahr eine Befragung des IAG gezeigt. Unterweisungen zum Einsatz von Persönlicher Schutzausrüstung oder Zurufe in Gefahrensituationen schnell und sicher zu verstehen, ist dann nicht gewährleistet. Auch ist die Integration in bestehende Teams und Belegschaften erschwert, wenn man die Sprache nicht beherrscht. Das kann zu einem Gefühl von Vereinsamung führen.

Hinzu kommen auch kulturelle Faktoren. Diese spielen beispielsweise dann eine Rolle, wenn ein unterschiedliches Verständnis von Sicherheit vorliegt.

Welche besonderen Belastungen und Beanspruchungen nehmen dabei die Menschen mit Migrationshintergrund in deutschen Betrieben und Einrichtungen wahr?

Eine Grundbelastung ergibt sich für viele allein dadurch, weit weg vom Heimatland und getrennt von Freunden und Familie zu sein. Außerdem ist die Trennung zwischen Beruf und Privatleben bei uns stärker ausgeprägt als in anderen Ländern.

Darüber hinaus ist in den Betrieben der Fachkräftemangel zu spüren. Gerade in der Pflege kommen Beschäftigte aus dem Ausland in eine Arbeitssituation, die aufgrund des Personalmangels bereits durch Stress gekennzeichnet ist. In vielen Ländern haben Pflegekräfte zudem mehr Befugnisse als in Deutschland. Wenn sie dann hierzulande weit unterhalb der eigenen Qualifikation eingesetzt werden, erzeugt das Frust. Auch die deutsche Bürokratie wird als langsam und nicht unterstützend wahrgenommen. Dieser Mix aus Belastungen kann dazu führen, dass Integration letztlich scheitert und dringend benötigte Fachkräfte das Land wieder verlassen.

Kann der Arbeitsschutz dazu beitragen, dass Integration gelingt?

Auf jeden Fall. Im Arbeitsschutz dreht sich alles darum, wie Menschen in einem Unternehmen sicher und gesund miteinander arbeiten können. Mit dieser Frage im Kopf die Perspektive von Neuankömmlingen einzunehmen kann Hürden, aber auch Gefährdungen sichtbar machen. Gegen die kann man dann etwas tun.

Welche Maßnahmen empfehlen Sie?

Für IT-Fachkräfte braucht es sicherlich im Detail andere Maßnahmen als für Pflegepersonal oder Schlachtereiaushilfen. Generell ist es hilfreich, ein Bewusstsein dafür zu haben, dass Menschen aus einem anderen Land in den Betrieb kommen und das Team bereichern. Davon unbenommen ist, dass sie an einigen Stellen Unterstützung brauchen. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass ein Betrieb Schulungen, mehrsprachige Unterweisungsmaterialien, einen kostenlosen Deutschkurs oder die Begleitung bei Behördengängen anbietet. Was gerade zu Beginn hilft: Peer- oder Patensysteme von Beschäftigten. Dabei werden Menschen mit Migrationshintergrund Beschäftigte derselben Nationalität an die Seite gestellt, um die Integration in den Betrieb zu erleichtern. Mit all diesen Maßnahmen zeigen Betriebe, dass ihnen Vielfalt wichtig ist.

Weitere Informationen

  • Das ausführliche Interview mit Dr. Katrin Boege vom IAG lesen Sie auf LinkedIn.
  • Der Fakten-Check zum Thema Migration des IAG bietet einen Überblick über aktuelle Definitionen und Statistiken im Bereich Migration. Die Praxishilfe kann als Grundlage dienen, Maßnahmen der Prävention abzuleiten und hier heruntergeladen werden.
  • Das von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) angebotene Training "Interkulturelles Team - Pflege" sensibilisiert Beschäftigte in der Krankenpflege für Gefährdungen sensibilisiert, die aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten, unterschiedlicher Haltungen oder Einstellungen entstehen können. Infos zum Programm gibt es hier.

Kontakt

DGUV - Pressestelle
Glinkastraße 40
10117 Berlin

Tel.: +49 30 13001-1414

Britta Ibald (Pressesprecherin)
Stefan Boltz (Pressesprecher)
Elke Biesel (Stv. Pressesprecherin)

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