1 Welche Dosiswerte können typischerweise in Flugzeugen in Reiseflughöhe festgestellt werden und welche Gesamtdosis ergibt sich für Crewmitglieder und Vielflieger?
Typische Dosisleistungen liegen nach den Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz bei etwa 5 µSv/h bis 6 µSv/h. Dies hängt jedoch entscheidend von der Flugroute und insbesondere von der Reiseflughöhe ab. Besondere Sonnenaktivitäten, sogenannte "Solar-Flares" können kurzfristig zu erheblich höheren Dosisleistungen führen. Das Programm EPCARD steht im Internet zur Verfügung um die individuelle Dosis eines Fluges zu bestimmen: http://www.helmholtz-muenchen.de/epcard-portal/
Bei Vollzeit arbeitenden Crewmitgliedern liegen die Jahresdosen in der Regel bei 2 mSv bis 4 mSv, in wenigen Einzelfällen wurde ein Wert von 6 mSv/a überschritten.
2 Welche Grenzwerte gelten für das fliegende Personal
Der Grenzwert nach § 103 StrlSchV beträgt wie für andere Personen auch 20 mSv pro Jahr und 400 mSv für die gesamte Berufszeit. Diese Werte werden von Mitgliedern des fliegenden Personals nicht überschritten.
Für ungeborene Kinder gilt ein Grenzwert von 1 mSv für den Zeitraum von der Mitteilung bis zum Ende der Schwangerschaft.
Kann ein Dosiswert von 6 mSv im Kalenderjahr überschritten werden, ist eine Weiterbeschäftigung nur erlaubt, wenn eine ärztliche Untersuchung stattgefunden hat und der Arzt bescheinigt, dass der Beschäftigung keine gesundheitlichen Bedenken entgegenstehen.
3 Fliegendes Personal ist im Vergleich zu anderen Berufsgruppen, die ionisierender Strahlung ausgesetzt sind, relativ höher exponiert. Was bedeutet das im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung?
Die durchschnittlichen kumulierten Jahresdosen liegen bei Mitgliedern des fliegenden Personals höher als z.B. bei Mitarbeitern von Kernkraftwerken oder bei anderen Arbeitsbereichen mit jeweils typischen Expositionen gegenüber ionisierender Strahlung. Diese Relativangabe ohne nähere Einordnung ist geeignet, Ängste hervorzurufen. Es ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die dokumentierten Dosiswerte im Niedrigdosisbereich liegen, die Grenzwerte werden problemlos eingehalten. Tatsächlich gibt es kein bedeutendes Erkrankungsgeschehen, das auf kosmische Strahlung zurückgeführt werden könnte. Nur beim malignen Melanom ist erhöhte Aufmerksamkeit anzuraten, konkret also die regelmäßige Untersuchung durch Hautärzte.
4 Ergeben sich aus epidemiologischen Studien Hinweise auf Krebserkrankungen, die durch kosmische Strahlung verursacht worden sein könnten? Gibt es weitere möglicherweise krebserzeugende Einflüsse, die bei dieser Frage berücksichtigt werden müssen?
Kurz zusammengefasst zeigen sich in epidemiologischen Studien für fliegendes Personal im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung nur wenige auffällige Zahlen. Im Vordergrund stehen Melanome, die Gegenstand einer Metastudie sind: Sanlorenzo et al., The Risk of Melanoma in Airline Pilots and Cabin Crew, JAMA Dermatol. 2015: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25188246
Hinweise auf erhöhte Krebsraten bei allerdings sehr niedrigen Fallzahlen wurden in einigen Studien bei Lymphomen, Hirntumoren und Brustkrebs gefunden: http://www.unimedizin-mainz.de/imbei/epidemiologie/epidemiologie-und-versorgungsforschung/projekte/aktuelle-projekte/cosmic.html
Pukkala et al., Incidence of cancer among Nordic airline pilots over five decades: occupational cohort study, BMJ 2002: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12228131
Die Epidemiologie lässt über die Ursachen nur begrenzt Aussagen zu. Zu beachten sind folglich andere potentiell krebserzeugende Einflüsse, wie z.B. Störungen des circadianen Rhythmus oder bei den Melanomen solarer UV-Strahlung.
5 Welche Bedeutung hat die vorgeschriebene ärztliche Untersuchung bei einer individuellen Jahresdosis von 6 mSv oder höher?
Im Hinblick auf möglicherweise strahlenverursachte Erkrankungen wird der Arzt nichts finden, da die Dosiswerte für deterministische Wirkungen weitaus zu niedrig liegen und Krebserkrankungen erst mit einer Latenzzeit im Jahresmaßstab auftreten könnten und außerdem das durch die Strahlungsdosis bedingte Risiko bei etwas mehr als 6 mSv nicht nennenswert erhöht ist. Im Sinne einer Eignungsuntersuchung sind diese zusätzlichen Untersuchungen auf Grundlage der StrlSchV sinnvoll.
6 Wie ist kosmische Strahlung zusammengesetzt und welche Bedeutung hat dies für die Beurteilung von Wirkungen auf den menschlichen Körper?
Die kosmische Strahlung ist eine hochenergetische Teilchenstrahlung, die überwiegend aus Protonen besteht. Daneben spielen auch noch andere Strahlenarten eine Rolle. Beim Auftreffen der Strahlung auf Moleküle in der Erdatmosphäre kommt es zur Freisetzung von Sekundärstrahlung ("Teilchenschauer"). Aus diesem Grund kann das fliegende Personal nicht einfach mit normalen amtlichen Dosimetern ausgestattet werden. Die Messung dieses Strahlenspektrums erfordert aufwändigere Messtechnik. Auf ausgewählten Flugrouten wurden diese Messungen mit spezieller Messtechnik durchgeführt und die daraus resultierenden effektiven Dosiswerte bzw. Dosisleistungen bestimmt, wobei die Strahlenarten und die Wirkung auf den Menschen berücksichtigt wurden. Die Dosen des fliegenden Personals werden auf der Basis dieser Daten und der individuellen Flugeinsätze mit Programmen wie EPCARD berechnet und dokumentiert (s. Antwort zur Frage 1).
7 Durch welche Maßnahmen lässt sich die Dosis bezüglich kosmischer Strahlung verringern?
Die 3-A-Regel im Strahlenschutz beinhaltet die Ansatzpunkte Abstand, Aufenthaltsdauer und Abschirmung. Manche Maßnahmen sind im Flugzeug praktisch nicht anwendbar, insbesondere hinsichtlich einer Abschirmung. Damit verbleibt insbesondere eine Möglichkeit zur Dosisverringerung: Die Reduktion der Anzahl von Flügen mit höheren streckenabhängigen Dosen, also z.B. über die Vermeidung von Polrouten oder durch das Planen einer geeigneten Mischung von Kurz-, Mittel- und Langstrecke.