Laufzeit: 2020 - 02/2024
Projektkürzel: IPA-166-Licht
Deskriptoren: Arbeitsumwelt, Arbeitsbedingte Erkrankungen, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Nachtarbeit, nicht-visuelle Wirkungen des Lichts
Licht ist der wichtigste Zeitgeber für die innere Uhr des Menschen. Wechselnde Licht-Tagesprofile bei Beschäftigten in Schichtarbeit können zu einer Desynchronisation der zirkadianen Rhythmen führen und gesundheitliche Faktoren beeinflussen. Ziel der Interventionsstudie Licht und Schicht war die Untersuchung von kurz- und langzeitigen Effekten von dynamischer Beleuchtung am Arbeitsplatz und individuellen Beleuchtungsempfehlungen für die Freizeit bei Schichtarbeitenden.
Im Rahmen von vier Feldphasen wurden zwischen Oktober 2021 und Februar 2023 Beschäftigte eines Unternehmens untersucht. Dabei wurden zwei Beleuchtungsinterventionen am Arbeitsplatz i) am Tag in einer Gruppe von Schichtarbeitenden ohne Nachtschicht in Montagehalle 1 und ii) in der Nacht in einer Gruppe von Schichtarbeitenden mit Nachtschicht in Montagehalle 2 durchgeführt. Beschäftigte in anderen Betriebsbereichen und in unterschiedlichen Schichtsystemen dienten als Vergleichsgruppe. Nach der Baseline-Erhebung T0 (10 - 11/2021) wurde im Dezember 2021 die Beleuchtung modifiziert und bis zum Ende der Studie beibehalten. Im Vergleich zur Ausgangssituation wurde in der Taglicht-Intervention die melanopisch äquivalente Tageslichtbeleuchtungsstärke (MEDI) am Morgen dynamisch durch Variation von Lichtfarbe und Lichtstrom erhöht und zum Abend hin abgesenkt. In Montagehalle 2 wurde in der Nacht die Beleuchtung in der ersten Schichthälfte dynamisch erhöht und ab Mitte der Nachschicht abgesenkt. Für die Analyse kurzfristiger Effekte wurden die Baseline-Untersuchungen T0 mit dem ersten Follow-up T1 (01/2022-02/2022) verglichen. Längerfristige Effekte wurden mit weiteren Feldphasen jeweils ein Jahr nach T0 und T1 untersucht (T2: 11/2022, T3: 01/2023). Nach T1 wurden weitere Teilnehmende für die Vergleichsgruppe rekrutiert. Aus allen Vergleichsteilnehmenden wurde eine randomisierte Subgruppe für die Untersuchung der Wirkung von individualisierten Lichtempfehlungen in der Freizeit mit T2 als Baseline und T3 als Follow-up gezogen. Die Empfehlungen wurden nach T2 und in T3 individuell über Studienhandys und weitere Methoden vermittelt. Als gesundheitliche Endpunkte wurden objektive Messparameter (Aktigraphie, Hormone im Speichel und im Haar, psychomotorische Vigilanz zur Mitte der Schicht) sowie subjektive Endpunkte (Schläfrigkeit, individuelle Beleuchtungswahrnehmung) untersucht. Lichttechnische Messungen am Arbeitsplatz und individuelle Lichtmessungen wurden begleitend eingesetzt. Die statistischen Auswertungen beinhalteten die Anwendung von Algorithmen für die Ableitung der Endpunkte, multiple Imputationsverfahren und deskriptive Analysen. Die orientierende Modellbildung umfasste je nach Endpunkt gemischte Modelle unter Berücksichtigung der Messwiederholungen mit Adjustierung nach wichtigen Confoundern.
Es nahmen n = 89 Personen an den vier Feldphasen teil, n = 27 waren Teilnehmende der Interventionen in den Hallen, n = 26 Personen wurden für die Lichtempfehlungen in der Freizeit ausgewählt. Erste Analysen zeigen kurzfristig Verbesserungen in der psychomotorischen Vigilanz und der Schläfrigkeit bei der Taglicht-Intervention. Bei der Nachtlicht-Intervention wurden kurzfristig längere Schlafdauern nach den Nachtschichten beobachtet. Es gibt Hinweise auf längerfristig höhere Werte für Melatonin und niedrigere Werte für Cortisol im Speichel zum Ende der Nachtschicht bei der Nachtlicht-Intervention. Bei den Lichtempfehlungen für die Freizeit wurden längere Schlafdauern bei Frühschichten beobachtet. Im Verlauf der Studie sank das allgemeine Stresslevel gemessen über Cortisol im Haar bei allen Gruppen. Helligkeit und Lichtfarbe wurden nach der Beleuchtungsumstellung häufiger als angenehm wahrgenommen.
Die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Interventionen keine negativen Einflüsse auf die Gesundheit haben. In Teilaspekten gibt es Hinweise auf eine positive Wirkung.
Zurzeit befinden sich wissenschaftliche Publikationen dazu in Vorbereitung.
Burek K, Rabstein S, Kantermann T, ...Lehnert M, Pallapies D, Jöckel KH, Brüning T, Behrens T. Altered coordination between sleep timing and cortisol profiles in night working female hospital employees. Psychoneuroendocrinology 2024; 166: 1070666 doi: 10.1016/j.psyneuen.2024.107066
Wichert K, Hoppe R, Ickstadt K, Berhens T, ..., Brüning T, Brauch H, Harth V, Rabstein S. Polymorphisms in genes of melatonin biosynthesis and signaling support the light-at-night hypothesis for breast cancer. Eur J Epidem 2023; 38: 1053-1068 doi: 10.1007/s10654-023-01048-7
Burek K, Rabstein S, Kantermann T, ....Lehnert M, Pallapies D, Jöckel KH, Brüning T, Behrens T. Night work, chronotype and cortisol at awakening in female hospital employees. Sci Rep 2022; 12: 6525 doi: 10.1038/s41598-022-10054-w
SK 2-Leitlinie: Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit
Rabstein S, Behrens T, Pallapies D, Eisenhawer C, Brüning T: Schichtarbeit und Krebserkrankungen. Zbl Arbeitsmed 2020; 70: 249-255 DOI: 10.1007/s40664-020-00398-3
Wichert K, Rabstein S, Stanford J, Erbel R, Arendt M, Keimer A, Dragano N, Hoffmann W, Lerch mM, ....Jöckel KH, Brüning T, Behrens T: Associations between shift work and risk of colorectal cancer in two German cohort studies. Chronobiol Int 2020; 37: 1235-1243 DOI: 10.1080/07420528.2020.1782930
Behrens T, Burek K, Pallapies D, Kösters L, Lehnert M, Beine A, Wichert K, Kantermann T, Vetter C, Brüning T, Rabstein S. Decreased psychomotor vigilance of female shift workers after working night shifts. PLoS ONE 2019; 14: e0219087 DOI: 10.1371/journal.pone.0219087
Rabstein S, Burek K, Lehnert M, Beine A, Vetter C, Harth V, Putzke S, Kantermann T, Walther J, Wang-Sattler R, Pallapies D, Brüning T, Behrens T: .Differences in twenty-four-hour profiles of blue-light exposure between day and night shifts in female medical staff. Sci Total Environ 2019; 653:1025-1033 IF: 5.589 DOI: 10.1016/j.scitotenv.2018.10.293
Lehnert M, Beine A, Burek K, Putzke S, Schlösser S, Pallapies D, Bbrüning T, Behrens T, Rabstein S. Vitamin D supply in shift working nurses. Chronobiol Int 2018; 35: 724-729 DOI: 10.1080/07420528.2018.1424719