Ob und welche Erkrankungen als Berufskrankheit anerkannt werden können, ist rechtlich festgelegt: Als Berufskrankheiten kommen demnach nur Erkrankungen in Frage,
Zusätzlich muss im Einzelfall die Krankheit wesentlich durch die Arbeit verursacht sein. Bei der Entstehung von Krankheiten spielen viele Einflüsse eine Rolle: Veranlagung, Lebensstil und Umweltfaktoren oder Faktoren wie der Kontakt mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz. Die Herausforderung ist, zwischen den Einflüssen zu unterscheiden, die durch die beziehungsweise bei der Arbeit entstehen, und solchen, die dem Privatleben zuzurechnen sind.
Kommen verschiedene Ursachen als Auslöser der Krankheit in Betracht, sind arbeitsbedingte von nicht-arbeitsbedingten Ursachen zu unterscheiden. Lesen Sie hierzu auch die Antwort auf Frage 3: "Ist jede Erkrankung, die mit der Arbeit zu tun hat, eine Berufskrankheit?"
Damit eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, muss sie in der sogenannten Berufskrankheiten-Liste (BK-Liste) aufgeführt sein. Diese Liste ist in der Anlange 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) abgebildet. Seit dem Jahr 2021 umfasst sie 82 Krankheiten. Alle anderen Krankheiten fallen in den Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung bzw. der gesetzlichen Rentenversicherung.
Einen allgemeinen Überblick zum Thema Berufskrankheiten bietet auch der Erklärfilm "Die Berufskrankheit – was ist das?"
Ist eine Erkrankung nicht in der Berufskrankheiten-Liste verzeichnet, gibt es die Möglichkeit, sie "wie eine Berufskrankheit" anzuerkennen (als so genannte "Wie-BK"). Dazu müssen allerdings neue medizinische Erkenntnisse darüber vorliegen, dass eine bestimmte Personengruppe in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung durch ihre versicherte Tätigkeit gefährdet ist. Die Prüfung übernimmt in der Regel der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite des Ärztlichen Sachverständigenbeirates "Berufskrankheiten".
Das entscheidet die Bundesregierung. Bei der Aufnahme von Krankheiten in die Berufskrankheiten-Liste lässt sich die Bundesregierung vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales beraten. Weitere Informationen zu diesem Gremium finden Sie auf der Internetseite des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten.
Nein. Dass Schmerzen oder Erkrankungen etwas mit dem Arbeitsalltag zu tun haben können, diese Erfahrung haben schon viele Menschen gemacht. Das heißt aber nicht, dass es sich bei den Beschwerden automatisch auch um eine "Berufskrankheit" handelt. Rechtlich wird zwischen "arbeitsbedingten Erkrankungen" und "Berufskrankheiten" unterschieden:
Der Begriff "arbeitsbedingte Erkrankungen" bezeichnet Krankheiten, die durch die Tätigkeit selbst oder Arbeitsbedingungen begünstigt oder verschlimmert werden, aber nicht die Voraussetzungen für eine Berufskrankheit erfüllen, insbesondere nicht in der Berufskrankheiten-Liste aufgeführt werden.
Nähere Informationen finden Sie dazu in unserem Erklärfilm.
Rechtlich sind Berufskrankheiten als Erkrankungen definiert, die versicherte Personen durch ihre versicherte Tätigkeit erleiden und "die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind." (vgl. § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VII [SGB VII]). Diese besonderen Einwirkungen sind in der Berufskrankheiten-Liste bei der jeweiligen Berufskrankheit aufgeführt.
Weitergehende Informationen zu einzelnen Berufskrankheiten finden Sie hier.
Wichtig zu wissen: Nur wenn die Arbeit oder die Bedingungen am Arbeitsplatz wesentliche Ursache der Erkrankung sind und im konkreten Einzelfall die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, können die Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt und Leistungen erbracht werden.
Im Rahmen des Arbeitsschutzes haben Unternehmen die Pflicht, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren möglichst zu verhüten beziehungsweise diese Gefahren zu minimieren. Sie werden dabei von Betriebsärztinnen und -ärzten unterstützt. Diese sind nach dem Arbeitssicherheitsgesetz verpflichtet, "die Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen (...) und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen."
Auch Berufsgenossenschaften und Unfallkassen unterstützen die Unternehmen und beraten diese zu ihren Präventionsleistungen und -angeboten. Ziel ist die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren "mit allen geeigneten Mitteln".
Bei Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit sind Ärztinnen und Ärzte sowie Unternehmen gesetzlich verpflichtet, dies der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse zu melden. Die Muster für eine Berufskrankheiten-Verdachtsanzeige gibt es hier.
Sie sind Ärztin oder Arzt und wollen eine Berufskrankheit anzeigen? Dann hilft Ihnen unsere Berufskrankheiten-Information für Ärztinnen und Ärzte (BK-Info) durch Eingabe des ICD10-Schlüssels zum Krankheitsbild bei der Identifizierung der zugehörigen Berufskrankheitennummer weiter.
Sie sind eine Betroffene oder ein Betroffener? Dann können sie auch selbst oder ihre Angehörigen die Erkrankung formlos bei ihrer Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden.
Über das digitale Serviceportal der gesetzlichen Unfallversicherung ist für alle genannten Personengruppen die Meldung eines Verdachts auf eine Berufskrankheit auch online möglich.
Auch die Krankenkassen müssen Hinweise auf eine mögliche Berufskrankheit an die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse geben.
Die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse wird umgehend tätig, sobald eine Meldung auf Verdacht einer Berufskrankheit eingegangen ist. Sie prüft dann von Amts wegen, ob die Erkrankung durch die Arbeit verursacht wurde, ob sie eine Berufskrankheit ist und gegebenenfalls welche Leistungsansprüche bestehen. Dafür kann ein fachärztliches Gutachten durch unabhängige Sachverständige erforderlich sein. Grundsätzlich beteiligt am Verfahren ist auch die Gewerbeärztin bzw. der Gewerbearzt des jeweiligen Bundeslandes.
Liegt eine Berufskrankheit vor, besteht das vorrangige Ziel darin, mit allen geeigneten Mitteln die Folgen der Berufskrankheit zu mildern und eine Verschlimmerung zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, erbringt die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen, die von der medizinischen Versorgung bis hin zu beruflichen Maßnahmen zur Eingliederung reichen.
Kommt es infolge der Berufskrankheit zu erheblichen, dauerhaften Einschränkungen, zahlen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen gegebenenfalls eine Rente, sofern die Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 Prozent gemindert ist.
Das machen die Versicherten selbst. Die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse schlägt in der Regel drei medizinische Gutachterinnen oder Gutachter vor. Die Versicherten können aber auch selbst eine Fachärztin oder einen Facharzt vorschlagen, sofern diese/r über die erforderliche Qualifikation für die Begutachtung von Berufskrankheiten verfügt. Ärztinnen und Ärzte, die nicht die erforderliche Eignung besitzen, können das Gutachten nicht übernehmen. Die Kosten der Begutachtung trägt die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse.
Wichtig zu wissen: Die Gutachterinnen und Gutachter sind unabhängige Sachverständige.
Die gesetzliche Unfallversicherung nutzt – anders als andere Zweige der Sozialversicherung – keine eigenen, in der Unfallversicherung beschäftigten medizinischen Expertinnen und Experten. Vielmehr werden mit den notwendigen Begutachtungen externe Ärztinnen und Ärzte beauftragt. Diese sind bei der Erstellung der Gutachten weisungsfrei und ausschließlich der Anwendung ihrer medizinischen Fachkunde verpflichtet. Das gilt unabhängig davon wie viele Gutachten sie erstellen, ob sie in einer niedergelassenen Praxis oder im Krankenhaus tätig sind. Die Honorare für Gutachten sind in der Gebührenordnung für Ärzte der gesetzlichen Unfallversicherung geregelt.
Um die Suche nach einer Gutachterin oder einem Gutachter zu erleichtern, hat die DGUV auf ihrer Website eine Datenbank zur Verfügung gestellt.
Nachdem die Versicherten eine Entscheidung ihrer Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse erhalten haben, können sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen, wenn sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. Über Widersprüche entscheiden die Renten- und Widerspruchsausschüsse der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Diese sind paritätisch, also zu gleichen Teilen, mit Vertreterinnen und Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber besetzt.
Weist die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse den Widerspruch zurück, können Versicherte im nächsten Schritt vor dem Sozialgericht kostenfrei und ohne Anwaltszwang klagen. In der Vergangenheit bestätigten die Sozialgerichte in etwa 90 Prozent der Fälle die Entscheidungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies kann als Beleg für die Sorgfalt der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen in Berufskrankheiten-Verfahren gewertet werden.
Die aktuellen Statistiken zum Berufskrankheitengeschehen finden Sie hier.
Die aktuellen Statistiken zum Berufskrankheitengeschehen finden Sie hier.
Liegt eine Berufskrankheit vor, besteht das vorrangige Ziel darin, mit allen geeigneten Mitteln die Folgen der Berufskrankheit zu mildern und eine Verschlimmerung zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, erbringt die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen, die von der medizinischen Versorgung bis hin zu beruflichen Maßnahmen reichen können. Verbleiben trotz qualifizierter Reha-Maßnahmen körperliche Beeinträchtigungen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent, erhalten die Betroffenen eine Rente.
Wichtig zu wissen: Auch wenn es nicht zur Rentenzahlung kommt, erhalten Erkrankte Leistungen ihrer Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse, zum Beispiel Präventionsmaßnahmen, medizinische Versorgung oder Maßnahmen zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung.
Der Aufwand der Ermittlungen in Berufskrankheiten-Verfahren ist sehr unterschiedlich. Je nach Art der Erkrankung und beruflichen Vorgeschichte der Versicherten müssen Daten über die Arbeitsbedingungen in einem oder mehreren Unternehmen und häufig über einen sehr langen Beschäftigungszeitraum zusammengetragen werden. Die Feststellung des jeweiligen Krankheitsbildes sowie die Prüfung des Ursachenzusammenhangs kann in der Regel nur gemeinsam mit medizinischen Fachleuten erfolgen, die ebenfalls Zeit für ihre Arbeit brauchen. Allgemeingültige Aussagen zur Dauer eines einzelnen Verfahrens können deshalb nicht getroffen werden.
Ja. Um eine möglichst einheitliche Qualität bei der Begutachtung - und damit eine Gleichbehandlung der Versicherten - zu erreichen, gibt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung Empfehlungen für die Begutachtung einzelner Berufskrankheiten heraus. Diese sind von Fachleuten erarbeitet worden, die über eine hohe Expertise in ihrem Fachgebiet verfügen und von den medizinischen Fachgesellschaften (zum Beispiel Deutsche Gesellschaft für Pneumologie bei den Atemwegs-BKen) benannt wurden.
Jede Begutachtungsempfehlung wird zudem mit den relevanten medizinischen Fachgesellschaften, Gewerbeärztinnen und Ärzten, gegebenenfalls der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie Betroffenenvertretungen vor ihrer Veröffentlichung abgestimmt.
In der gesetzlichen Unfallversicherung gilt das so genannte Amtsermittlungsprinzip. Das bedeutet: Es ist Aufgabe der Berufsgenossenschaft und Unfallkasse, ergebnisoffen alle Aspekte zu ermitteln, die den möglichen Anspruch der Betroffenen betreffen: Welche Gründe sprechen für oder gegen eine Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit? Gibt es Belege dafür, dass die Tätigkeit die Erkrankung verursacht hat? Die Versicherten müssen die ihnen bekannten Informationen zu ihren Tätigkeiten und zum Krankheitsverlauf angeben und gegebenenfalls an ärztlichen Begutachtungen teilnehmen, damit die Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit erfüllt sind.
Die entscheidungsrelevanten Tatsachen müssen rechtlich im sogenannte Vollbeweis vorliegen. Vollbeweis bedeutet, dass neutrale Dritte keine ernsthaften Zweifel am Vorliegen dieser Tatsachen haben dürfen. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Informationen, die die Tätigkeiten der Versicherten betreffen; etwa die Beschäftigung in einem bestimmten Unternehmen, die Umstände am Arbeitsplatz oder auch um Informationen zur Erkrankung selbst.
Der ursächliche Zusammenhang zwischen einer Einwirkung bei der Arbeit und der Erkrankung einer versicherten Person muss nicht im Vollbeweis geklärt sein. Es reicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus. Diese Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn zwar noch Zweifel bestehen, aber mehr Gründe für als gegen das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs sprechen.
Damit der Ursachenzusammenhang bejaht werden kann, muss die schädigende Einwirkung bei der Arbeit eine solche Intensität erreicht haben, dass sie zumindest als sogenannte rechtlich wesentliche Teilursache für die Erkrankung in Frage kommt. Maßgeblich sind hier die jeweils aktuellen Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung, die einen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Einwirkung und der Erkrankung begründen.
Mehrere Institutionen prüfen die Arbeit der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V als Spitzenverband:
Die zum 01.01.2021 in Kraft getretene Änderungen infolge der Weiterentwicklung des Berufskrankheitenrechts werden in diesem Artikel dargestellt.