Deutschland arbeitet an einer Energiewende. Bis 2020, so die Pläne der Bundesregierung, soll der Energieanteil aus Sonne, Biomasse und Co am Stromverbrauch mindestens 35 Prozent betragen. 2015 waren es nach Angaben des BMWi immerhin schon 29 %. Die Windkraft hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung im Energie-Mix gewonnen. Was muss bei der Montage von Windkraftanlagen aus Sicht des Arbeitsschutzes beachtet werden? Fragen dazu beantwortet Wolfgang Pechoc von der BG ETEM.
Aufbau und Pflege einer Windkraftanlage sind mit Montage- und Wartungsarbeiten in großer Höhe verbunden. Wie sollten die Beschäftigten sich schützen?
Pechoc: Wichtig ist, dass jeder Arbeiter mit einer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ausgestattet ist. Egal ob er eine Steigleiter benutzt oder einen offenen Aufzug, um nach oben zu kommen: Er sollte in jedem Fall gegen Absturz gesichert sein. Welche unterschiedlichen Systeme für die jeweilige Situation empfohlen werden, das kann man in der passenden Information der Gesetzlichen Unfallversicherung (BGI 657), die wir 2006 erstellt haben, nachlesen.
Welche Gefährdungsquellen sind darüber hinaus am Arbeitsplatz Windkraftanlage zu beachten?
Pechoc: Man kann drei zentrale Gefährdungsbereiche benennen: mechanische und elektrische Gefährdungen und Gefahrstoffe. Ungeschützte Maschinenteile, scharfe Kanten oder Lastenaufzüge zählen zum Beispiel zu der ersten Gruppe. Es gibt eine Vielzahl von Schutzmöglichkeiten - von der mechanischen Sicherung bis zur Unterweisung der Beschäftigten. Für die Details verweise ich wieder auf die BGI 657.
Die elektrische Sicherheit ist natürlich für Windkraftanlagen zentral. Sie gelten als "abgeschlossene elektrische Betriebsstätten", deshalb müssen alle Arbeiten unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft oder einer elektrotechnisch unterwiesenen Personen durchgeführt werden. Um die Gefahr einer Durchströmung auszuschließen, gilt für alle Schaltanlagen, dass mindestens ein teilweiser oder besser der vollständige Berührungsschutz erfüllt wird
Der dritte Gefährdungsbereich sind die Gefahrstoffe. Zur Ausbesserung der Rotorblätter wird zum Beispiel Epoxydharz verwendet. Regelmäßig kommen auch Reinigungsmittel zum Einsatz. Hier ist auf jeden Fall die Beratung durch einen Betriebsarzt erforderlich. Darüber hinaus gilt: Persönliche Schutzausrüstung benutzen.
Gibt es Erkenntnisse über Unfallschwerpunkte und Art der Unfälle?
Pechoc: Es wurden im Rahmen der Überarbeitung der BGI 657 insgesamt 1200 Unfälle und Beinah-Unfälle der Jahre 2007 bis 2009 ausgewertet. Das Ergebnis war: Der Großteil der Unfälle geschieht durch mechanische Gefährdungen, es kommt dabei zum Beispiel häufiger zu Quetschungen oder Verstauchungen. Auslöser war in der Mehrzahl der Fälle persönliches Fehlverhalten. Beim Aufbau einer Anlage stehen die Beschäftigten häufig unter Zeitdruck, sie haben manchmal sehr lange Arbeitstage, auch psychischer Druck spielt eine Rolle. Das bedeutet für uns: Die wichtigste Vorsorge gegen Unfälle in diesem Bereich ist eine gute und kontinuierliche Unterweisung der Beschäftigten.
Kommen wir zu einem Bereich, der in Zukunft stark ausgebaut werden soll: Offshore-Windparks. In der Nordsee ist derzeit eine deutsche Anlage in Betrieb, geplant sind 63. Das bedeutet: Arbeit auf hoher See unter zum Teil extremen Wetterbedingungen.
Pechoc: Offshore gelten zunächst einmal alle Sicherheitsbestimmungen, die auch für Windkraftanlagen an Land relevant sind. Aus der Sicht des Arbeitsschutzes kommen dann noch einige Fragen hinzu: Wie kann der Übergang vom Schiff zur Anlage möglichst sicher gestaltet werden? Wie geht man mit den Risiken der Schiffsüberfahrt um? Wie wird eine Übernachtung auf See organisiert? Derzeit gibt es ein viertägiges Training für Offshore-Arbeiter, das sie für Notfälle auf See fit machen soll. Dabei werden entsprechende Situationen und Rettungsmaßnahmen eingeübt. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Offshore-Windparks - hier ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zuständig - muss ein Schutz- und Sicherheitskonzept erstellt werden.
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