IPA Aktuell 13

Hauterkrankungen bei Beschäftigten in tierärztlichen Praxen - Ausgabe 01/2023

Bei Beschäftigten in tierärztlichen Praxen kann es beim beruflichen Umgang mit Tieren zu verschiedenen Erkrankungen kommen. Die AllergoMed-Studie untersuchte Sensibilisierungen sowie Atemwegs- und Hauterkrankungen in Abhängigkeit der Exposition bei Beschäftigten in Tierarztpraxen. Die Studie wurde durch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) initiiert und gemeinsam mit ihr vom IPA durchgeführt. Die Ergebnisse werden von der BGW für die Optimierung von Präventionsangeboten im Bereich der Tierarztpraxen genutzt.

Gesundheitsgefährdungen: Das tiermedizinische Personal im Fokus
Beruflich bedingte Hauterkrankungen, insbesondere Handekzeme, sind eine der häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten. Etwa ein Viertel aller im Jahr 2019 in Deutschland gemeldeten Berufskrankheiten wurden auf beruflich bedingte Hauterkrankungen zurückgeführt. Laut einer Studie berichtet fast jeder fünfte Tierarzt beziehungsweise Tierärztin über arbeitsplatzbezogene Hautsymptome. Dies zeigt, dass Tierärztinnen, Tierärzte und das in Tierarztpraxen tätige medizinische Assistenzpersonal (Tiermedizinische Fachangestellte, TFA) ein erhöhtes Risiko für beruflich bedingte Hauterkrankungen haben.

Zu den bekannten Hautgefährdungen gehört der Kontakt zu reizenden Stoffen zum Beispiel bei der Desinfektion und Reinigung von Instrumenten oder Praxisräumen sowie die unmittelbaren Handlungen an den tierischen Patienten. Zum Schutz werden oftmals Handschuhe verwendet, so dass sich zusammen mit anderen Expositionen inkl. häufiges Händewaschen eine Gefährdung im Sinne der Feuchtarbeit ergeben kann. Dennoch konzentrieren sich die wenigen bisherigen Studien vor allem auf Tierärztinnen und -ärzte und weniger auf TFA. Daher wurden im Rahmen der AllergoMed-Querschnittstudie insbesondere die gesundheitlichen Probleme der TFA erfasst. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Zeitschrift „Contact Dermatitis“ publiziert (Beine et al. 2022).

Studiendesign und Kollektiv
Mit Unterstützung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) konnten 122 Teilnehmende überwiegend aus Kleintierpraxen in die Studie eingeschlossen werden. Entsprechend der Zielvorgabe waren darunter 103 TFA, davon 93 Prozent weiblich. Von den 12 männlichen Teilnehmenden waren sieben TFA und fünf Tierärzte. Alle Teilnehmenden wurden im IPA medizinisch untersucht. Mit Hilfe eines detaillierten Fragebogens wurden, neben früheren und aktuell bestehenden Symptomen beziehungsweise Gesundheitsstörungen, Angaben zu Hautbeschwerden erfasst. Hierbei bestand ein besonderes Augenmerk auf der atopischen Dermatitis, der Kontakturtikaria und dem allergischen Kontaktekzem. Darüber hinaus wurden vertiefende Fragen zu Hygiene- und Präventionsmaßnahmen, wie der Verwendung von Feuchtigkeitscremes, Schutzhandschuhen, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, gestellt. Die Haut an den Händen der Studienteilnehmenden wurde mittels Fotodokumentation dermatologisch fachärztlich bewertet. Personen mit positivem spezifischem IgE-Wert gegen ubiquitäre Inhalationsallergene wurden als atopisch eingestuft.

Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
In Rahmen der Querschnittsstudie AllergoMed wurden neben der Hautproblematik weitere arbeitsplatzbezogene und gesundheitliche Aspekte wie Allergenbelastungen am Arbeitsplatz im Vergleich zum häuslichen Bereich (Zahradnik et al. 2022) und den respiratorischen Symptomen untersucht (Hoffmeyer et al. 2022).

Die Prävalenz von selbstberichteten Handekzemen lag bei den untersuchten Beschäftigten der Tierarztpraxen bei über 50 Prozent. 22 Teilnehmende, dies entspricht 18 Prozent, hatten Handekzeme bereits vor Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit.

Ein selbstberichtetes allergisches Kontaktekzem konnte bei 31 Prozent festgestellt werden und wurde von den Teilnehmenden mit Handekzem signifikant häufiger berichtet (40,4 % vs. 21,4 %). Allerdings wurde nur bei 17 Fällen diese Diagnose ärztlicherseits gestellt.

Die Symptome einer Kontakturtikaria nach Tierkontakt wurde von 27, dies entspricht 23,5 Prozent der Teilnehmenden, berichtet. Sie wiesen im Vergleich zum Rest der Studiengruppe eine statistisch signifikant höhere Atopierate sowie vermehrte IgE-Sensibilisierungen gegen alle getesteten felltragenden Tiere auf (40,7 % vs. 10,3 %).

Handekzeme durch Kontakt mit Flüssigkeiten und Detergenzien
Weiterhin wurde die Beziehung zwischen Hautsymptomen, insbesondere einem Handekzem, und mutmaßlichen Risikofaktoren untersucht. Berücksichtigt wurden auch persönliche Merkmale wie Geschlecht und Dauer der Berufstätigkeit. Dabei konnte ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen einem erhöhten berufsbedingten ungeschützten Kontakt mit Flüssigkeiten und Detergenzien mit über fünfmal pro Tag und dem Vorliegen eines Handekzems ermittelt werden. So ein Kontakt wurde von 53,8 Prozent der TFA und 33,3 Prozent der Tierärztinnen und -ärzte mit Handekzem angegeben. Des Weiteren waren Handekzeme mit häufigem Händewaschen über zehnmal pro Tag assoziiert.

Schutzhandschuhe zu selten verwendet
Das lange Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen kombiniert mit irritativen Expositionen kann das Risiko eines Handekzems erhöhen. In dieser Studie war das kontinuierliche Tragen von Handschuhen für mehr als 30 Minuten pro Tag in der univarianten Analyse mit Handekzemen assoziiert (OR 4,21, CI 95% 0,99-17,8) und wurde vor allem von den Tierärztinnen und -ärzten angegeben (n=8; 42,1 %). In der Studie konnte jedoch festgestellt werden, dass die Schutzhandschuhe nur selten getragen wurden und mehr als 50 Prozent der Studienteilnehmenden gaben an, Schutzhandschuhe weniger als dreimal pro Tag zu verwenden.

Das häufige Desinfizieren der Hände über 18 Mal pro Tag zeigte einen möglichen protektiven Effekt, war aber statistisch nicht signifikant (OR 0,27, CI 95% 0,06-1,15).

Fehlender Hautschutzplan?
Ein Hautschutzplan stellt ein wichtiges Instrument der arbeitsmedizinischen Prävention dar. Hinsichtlich allgemeiner Hygienemaßnahmen am Arbeitsplatz berichteten 28,2 Prozent der TFA, dass Hautschutzpläne am Arbeitsplatz nicht vorhanden waren, beziehungsweise 11,6 Prozent wussten darüber nichts. Im Gegensatz dazu gaben 17 der 19 Tierärztinnen und -ärzte an, Hautschutzpläne eingeführt zu haben. In den meisten Fällen waren es die Praxisverantwortlichen.

Fazit
Hauterkrankungen beeinträchtigen die Gesundheit bei Beschäftigten von Tierarztpraxen. Über die Hälfte von ihnen berichtete über Symptome eines Handekzems. Darüber hinaus berichtete fast ein Drittel aller Teilnehmenden über ein allergisches Kontaktekzem und ein Viertel über die Symptome einer Kontakturtikaria nach Kontakt mit Tieren. Von Handekzemen wurde insbesondere bei häufigem ungeschütztem Kontakt mit Flüssigkeiten/Tensiden und häufigem Händewaschen bei der Arbeit in der Praxis berichtet, was auf mangelnde Hautschutzmaßnahmen hinweist. Durch eine entsprechende Beratung kann in den betroffenen Praxen die Situation verbessert werden.

Empfehlungen für die Praxis

Einsatz von Schutzhandschuhen sinnvoll
An erster Stelle sollte der ungeschützte Kontakt zu irritierenden Flüssigkeiten vermieden werden. Durch die Verwendung von Schutzhandschuhen kann eine direkte Verschmutzung beziehungsweise Irritation der Hände beim Kontakt mit Tieren oder bei Reinigungsarbeiten vielfach verhindert werden. Die Handschuhe sollten regelmäßig gewechselt werden, damit sie ihre Schutzwirkung im ausreichenden Maße entfalten können.

Reduzierung der Handwaschfrequenz und Einsatz von Hautschutzmitteln
Beschäftigte in Tierarztpraxen sollten nach Möglichkeit die Handwaschfrequenz reduzieren. Wenn keine starke Verschmutzung der Hände vorliegt, kann Händedesinfektion durchgeführt werden – dieses präventive Konzept hat sich in vielen Gesundheitsberufen als sinnvoll erwiesen. Die regelmäßige Nutzung von beruflichen Hautschutzmitteln sollten in einem Hautschutzplan konkretisiert und die Beschäftigten regelmäßig geschult werden. Einfache Maßnahmen, wie das Aufhängen des Hautschutzplans neben dem Waschbecken, können hier bereits weiterhelfen.

Durchführung einer arbeitsmedizinischen Vorsorge
Des Weiteren ist in den Berufen mit erhöhter Hautgefährdung eine regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung der ArbMedVV und TRGS 401 indiziert. Dadurch können dermatologische Erkrankungen frühzeitig erkannt, beziehungsweise ihnen vorgebeugt werden. Besteht der Verdacht auf die Entwicklung berufsbedingter Hautprobleme, sollte der zuständige Unfallversicherungsträger informiert, eine arbeitsmedizinische beziehungsweise hautärztliche Untersuchung erfolgen sowie ein „Hautarztverfahren“ eingeleitet werden. Zur Individualprävention der beruflichen Hauterkrankungen hat sich in Deutschland seit Jahren das Stufenverfahren „Haut“ etabliert. Hier werden die versicherten Personen regelmäßig hautärztlich behandelt und können an gesundheitspädagogischen Schulungen und Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen.

Dieser Beitrag erscheint in ähnlicher Form im IPA Journal 01/2023

Kurz Gefasst

  • Die Tätigkeit in tierärztlichen Praxen ist mit vielfältigen Hautgefährdungen wie Kontakt mit Allergenen sowie irritativen Substanzen verbunden.
  • Über 50 Prozent der Beschäftigten in tierärztlichen Praxen berichten über Handekzeme, 31 Prozent über ein allergisches Kontaktekzem und 23,5 Prozent über Symptome einer Kontakturtikaria.
  • Eine entsprechende berufsdermatologische Beratung und die Ergreifung konkreter präventiver Hautschutz-Maßnahmen kann mit dazu beitragen, die Hautgesundheit der Beschäftigten in tierärztlichen Praxen zu verbessern.