In bestimmten Situationen im Betrieb verpflichtet die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) neben der Umsetzung allgemeiner Schutzmaßnahmen auch zum Tragen einer Schutzmaske. Daraus ergeben sich verschiedene Fragen zu möglichen gesundheitlichen Effekten durch das Tragen von Masken, die in der IPA-Maskenstudie untersucht wurden. Im Rahmen dieser Studie wurde der Einfluss verschiedener Maskentypen zum Schutz vor SARS-CoV-2 auf die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit, die subjektive Beeinträchtigung und auf die Konzentrationsfähigkeit am Arbeitsplatz erforscht.
Studiendesign
Das Studiendesign der IPA-Maskenstudie wurde im IPA-Journal 01/2021 ausführlich vorgestellt. Alle Studienteilnehmenden wurden in vier Untersuchungsblöcken (Bodyplethysmographie, Spiroergometrie, Ergometrie, eigener Arbeitsplatz) jeweils mit Mund-Nase-Schutz (MNS), Mund-Nase-Bedeckung (MNB) und partikelfiltrierender Halbmaske (FFP2) im Vergleich zur Situation ohne Maske untersucht. Die Reihenfolge des Tragens der Masken wurde für jeden Probanden und jeden einzelnen Studienabschnitt nach dem Zufallsprinzip ermittelt, die bodyplethysmographischen und spiroergometrischen Untersuchungen erfolgten doppelt verblindet. Die körperlichen Belastungsuntersuchungen wurden mittels eines Stufenprotokolls in 3 Stufen durchgeführt und orientierten sich an der DGUV Regel 112-190 im Bereich von leichter bis sehr schwerer Arbeit. Zuvor wurden für jeden Probanden dafür in der Basisuntersuchung die Wattzahlen individuell ermittelt, bei denen die festgelegten Atemminutenvolumina von ≈ 30 l/min, ≈ 50 l/min und > 60 l/min erreicht wurden, was die Varianz der Daten aufgrund von unterschiedlichen Einflussfaktoren (Geschlecht, Alter, Trainingszustand etc.) minimierte. Nach diesen Voruntersuchungen wurden die Probanden jeweils sechs Minuten unter diesen Bedingungen belastet, um eine Gewöhnung an die Belastung zu erreichen („steady state“). Durch dieses Studiendesign wird eine Übertragbarkeit der Messergebnisse auf Arbeitsplätze mit vergleichbaren Belastungssituationen angestrebt. Das Forschungsprojekt erhielt ein positives Votum der Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum (Nr. 20-7024 vom 14.10.2020).
Kollektiv
Um das breite Spektrum der arbeitenden Bevölkerung möglichst repräsentativ abzubilden, umfasste das Kollektiv rauchende und nichtrauchende sowie sportliche und unsportliche Frauen und Männer (je 20) ohne und mit Vorerkrankungen wie leichtem Bluthochdruck oder kontrolliertem Asthma. Ausgeschlossen wurden nur Interessierte mit schwereren Erkrankungen und Kontraindikationen für die ergometrische Belastung. Das Alter der Studienteilnehmenden lag im Mittel bei 47 Jahren (19-65 Jahren) und der BMI bei 24,2 kg/m2 (19,9-34,6 kg/m2).
Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungsblöcke
a.) Bodyplethysmographie
Beim Tragen von Schutzmasken ist der Atemwiderstand durch das verwendete Filtermaterial generell erhöht. Die Untersuchungsergebnisse der Prüfungen aller 3 Maskentypen (jeweils n=10 pro Maskentyp, nach DIN EN 149:2001+A1:2009 am Sheffield-Testkopf, Abbildung 1 links) im Institut für Arbeitsschutz (IFA) ergaben bei zunehmenden inspiratorischen „Luftvolumina“ entsprechend erhöhte Atemwiderstände. Auch die Untersuchungen der Teilnehmenden mittels Bodyplethysmographie zeigten erhöhte inspiratorische Strömungswiderstände in Abhängigkeit vom jeweiligen Maskentyp (Abbildung 1 rechts). Dabei ergaben sich mit dem MNS die niedrigsten und mit der FFP2-Maske die höchsten Werte. Auch die sogenannte Atemarbeit war mit Maske erhöht und zwar mit dem MNS am geringsten und mit der FFP2-Maske am höchsten. Zusätzlich waren leichte Veränderungen der dynamischen Lungenfunktionsgrößen der Teilnehmenden in Ruhe messbar. So fand sich zum Beispiel ein minimaler Einfluss der unterschiedlichen Masken auf die Einsekundenkapazität (FEV1), also die Atemluftmenge, die in einer Sekunde maximal ausgeatmet werden kann.
Zusammenfassend zeigte sich durch das Tragen von Masken unter Ruhebedingungen eine veränderte Atemmechanik mit erhöhtem Atemwiderstand, einer moderat erhöhten Atemarbeit und Atemleistung in Abhängigkeit vom Maskentyp. Die Studienteilnehmenden mussten bei unterschiedlichen Materialeigenschaften der Masken einen höheren Atemwiderstand überwinden und der einzelne Atemzug wurde als anstrengender empfunden.
b.) Spiroergometrie und Ergometrie
Bei erhöhter körperlicher Belastung reagiert der menschliche Organismus mit einer vertieften und beschleunigten Atmung sowie einer Steigerung der Herzleistung. Diese physiologische Anpassung lässt sich mit Hilfe der Spiroergometrie sehr genau messen und analysieren.
Die bisherigen Auswertungen zeigen, dass das Atemminutenvolumen (AMV) und die Herzfrequenz (HF) unter den drei Belastungsstufen entsprechend zunehmen (Abbildung 2 links).
Der Anstieg des AMV ist mit Maske bei jeder Belastungsstufe tendenziell geringer als ohne Maske (Abbildung 2 rechts). Dies ist vermutlich durch den erhöhten Atemwiderstand bei Maskenatmung zu erklären. Insgesamt zeigt sich mit Maske (am deutlichsten bei FFP2) ein verändertes Atemmuster im Sinne einer verlängerten Atemzykluszeit. Das Atemmuster verändert sich dahingehend, dass innerhalb des einzelnen Atemzuges die Ein- und Ausatemphase verlängert wird und damit in den Alveolen (Lungenbläschen) ein längerer Zeitraum für den Sauerstoff- und Kohlendioxidaustausch zwischen Atemluft und Kapillarblut zur Verfügung steht. Dies kann als Hinweis für einen Kompensationsmechanismus der Atmung gedeutet werden, welcher sich beim Tragen einer Maske zeigt.
Vermutlich durch diesen Kompensationsmechanismus wurde im Blut der Teilnehmenden nur ein geringer Abfall des Sauerstoffpartialdrucks (pO2) beziehungsweise eine Verminderung der Sauerstoffsättigung (sO2) gemessen, überwiegend innerhalb des physiologischen Bereichs. In einzelnen Fällen zeigte sich jedoch auch ein Abfall bis in den unteren physiologischen Grenzbereich. Diese Effekte waren am deutlichsten bei der FFP2-Maske und bei sehr schwerer körperlicher Arbeit (Stufe 3). Diese Daten werden noch eingehenderen Analysen unterzogen.
Mit ansteigender Belastung zeigen sich beim Maskentragen zunehmende Unterschiede des pCO2 im Vergleich zur Situation ohne Maske. Im Vergleich zur Ruhesituation zeigt sich für alle Maskentypen zu Beginn der Belastung ein leichter Anstieg des pCO2 im Blut überwiegend innerhalb der physiologischen Grenzen, der mit zunehmender Belastungsstufe und AMV nicht stetig weiter ansteigt (im Sinne einer Plateaubildung). Die Effekte zeigen sich am deutlichsten mit der FFP2-Maske. In der Nachbelastungsphase kommt es wieder zu einem Abfall des pCO2 im Blut.
In der Nachbelastungsphase kommt es sowohl beim Maskentragen als auch ohne Maske zu einer Normalisierung von pCO2, pO2 und sO2 in Bezug auf die Ausgangswerte in Ruhe.
Zusammenfassend zeigt sich, dass sowohl in Ruhe als auch unter körperlicher Belastung (bis ca. 150 Watt) inspiratorisch eine partielle Rückatmung des unter der Maske akkumulierten CO2 erfolgt. Gleichzeitig kommt es als Folge des zu überwindenden Atemwiderstandes der Maske zu einer Veränderung der Atemmechanik mit v.a. einer Verlängerung der Atemzykluszeit. Dieser Kompensationsmechanismus erklärt aufgrund der verlängerten Kontaktzeit der Atemluft mit dem Kapillarblut in der Lunge den beobachteten nur geringen Abfall des pO2 und der sO2 sowie den geringen Anstieg des pCO2 im Blut. Alle gemessenen Veränderungen lagen unter den gewählten Bedingungen überwiegend im physiologischen Bereich.
In Abhängigkeit vom Maskentyp können eine erhöhte Temperatur und Feuchtigkeit unter der Maske gemessen werden, die am stärksten bei der FFP2 Maske ausgeprägt waren. Aus der Befragung der Studienteilnehmenden ergab sich, dass das Tragen einer Maske, insbesondere einer FFP2-Maske, im Vergleich zur Situation ohne Maske bei körperlicher Belastung, die Atmung subjektiv stärker behindert und ein unangenehmeres Gefühl von Wärme und Feuchtigkeit hinter der Maske erzeugt.
c.) Arbeitsplatzmessung
Durch die Messungen während eines normalen Arbeitstages, der hier für die Studienteilnehmenden überwiegend Arbeiten im Labor oder im Büro (entsprach leichter bis moderater Arbeit) umfasste, wurden die Effekte des längeren Tragens der Masken über einen Zeitraum von vier Stunden untersucht. Neben der Bestimmung von Luftfeuchte, Temperatur und CO2-Konzentration unter der Maske wurden physiologische Größen wie zum Beispiel die Herz- und Atemfrequenz über die Tragezeit fortlaufend aufgezeichnet sowie regelmäßig die subjektiven Eindrücke der Studienteilnehmenden per Fragebogen erhoben. Zu Beginn und kurz vor Ende der vierstündigen Tragezeit wurden Blutgasanalysen und Konzentrationstests durchgeführt.
Eine partielle CO2-Rückatmung durch die leicht erhöhte CO2 Konzentration unter der Maske war bei allen 3 Maskentypen nachweisbar (Abbildung 3). Mit zunehmender Tragezeit kam es zu einem geringen weiteren Anstieg des CO2 unter der Maske, welcher aber nicht zu einem Anstieg des pCO2 oder Abfall des pO2 und der sO2 im Blut führte.
Zusammenfassend zeigte sich unter den gewählten Bedingungen am Arbeitsplatz eine geringe partielle Rückatmung von CO2 unter der Maske in der Einatemluft, welche nicht zu Veränderungen im Blut (pCO2, pO2, sO2) führte.
Bei den zu lösenden Rechtschreib- und Rechenaufgaben führte das Maskentragen während der vierstündigen Arbeitsplatzmessungen nicht zu mehr Fehlern, so dass eine Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit durch das vierstündige Tragen der Masken nicht festgestellt wurde.
Die Teilnehmenden beschrieben subjektiv eine erschwerte Atmung durch das Tragen der Masken, was neben dem höheren Atemwiderstand auch durch die erhöhte Temperatur und Luftfeuchtigkeit unter der Maske erklärt werden kann. Unter den Masken, am stärksten mit FFP2, wurden etwa zwei bis vier Grad C höhere Hauttemperaturen gemessen als ohne Maske (Abbildung 4). Im Verlauf der Untersuchungszeit von vier Stunden stieg die Temperatur aber nicht weiter an. Bei der Auswertung des Symptomscores standen Missempfindungen im Kopfbereich (Kopfschmerz/heißer Kopf) und Schläfrigkeit im Vordergrund.
Zusammenfassung
Nach den Untersuchungen an 40 Studienteilnehmenden lassen sich erste Erkenntnisse beschreiben, die derzeit durch weitere statistische Untersuchungen noch detailliert analysiert werden.
Durch das Maskentragen ergab sich ein leicht verändertes Atemmuster in Form einer verlangsamten Atmung und einer verlängerten Atemzykluszeit. Am deutlichsten zeigte sich dies beim Tragen der FFP2-Maske. Die beschriebenen Veränderungen der Blutgase infolge der subjektiv wie objektiv erschwerten und verlangsamten Atmung werden wahrscheinlich durch die Verlängerung der Austauschzeit der Atemgase in der Lunge bis zu einem gewissen Grad kompensiert. In einzelnen Fällen zeigten sich für pO2 und sO2 Veränderungen bis in den unteren physiologischen Grenzbereich, die sich nach Ende der Belastung im Vergleich zur Vorbelastung normalisierten. Unter den gewählten Bedingungen wurden keine klinisch relevanten Auffälligkeiten beobachtet und alle Teilnehmenden konnten die Studie ohne gesundheitliche Probleme beenden.
In Abhängigkeit vom Maskentyp wurde eine erhöhte Temperatur und Feuchtigkeit unter der Maske gemessen. Dieses Ergebnis entsprach auch den Angaben der Teilnehmenden zum subjektiven Empfinden und zum Tragekomfort. Beides verschlechterte sich mit zunehmender körperlicher Belastung und insbesondere bei der FFP2-Maske auch mit zunehmender Tragedauer. Nach vierstündigem Maskentragen war die Konzentrationsfähigkeit nicht messbar beeinträchtigt.
Ausblick
Die umfangreichen Datensätze der IPA-Maskenstudie werden weiteren Detailanalysen unterzogen und international und national veröffentlicht, so dass sie dann auch regulatorischen Fragestellungen zur Verfügung stehen.
Die Autoren:
Prof. Dr. Thomas Brüning
Prof. Dr. Jürgen Bünger
Dr. Christian Eisenhawer
Dr. Birger Jettkant
Bejamin Kendzia
Eike Marek
Dr. Vera van Kampen
Zur Abbildung 1 (PDF, 232 kB, nicht barrierefrei)
Anstieg des Atemwiderstandes bei zunehmenden Luftvolumina am Sheffield-Testkopf nach DIN EN 149: 2001+A1:2009 (links) sowie bei 40 Studienteilnehmenden in Abhängigkeit vom Maskentyp (blau: ohne Maske, orange: MNS, grün: MNB, rot: FFP2) im Vergleich zur Situation ohne Maske in der Bodyplethysmographie (rechts).
Zur Abbildung 2 links (PDF, 64 kB, nicht barrierefrei) und Abbildung 2 rechts (PDF, 22 kB, nicht barrierefrei)
Links: Beispiel des Anstiegs von Herzfrequenz und Atemminutenvolumen bei körperlicher Belastung (ca. 50 W, 100 W, 140 W). Rechts: Anstieg des Atemminutenvolumens (AMV) unter Belastung bei 40 Studienteilnehmenden in Abhängigkeit vom Maskentyp (blau: ohne Maske, orange: MNS, grün: MNB, rot: FFP2) im Vergleich zur Situation ohne Maske.
Abbildung 3 als PDF (PDF, 80 kB, nicht barrierefrei)
Anstieg des inspiratorischen Kohlendioxidpartialdrucks (pCO2) unter den verschiedenen Maskentypen beziehungsweise ohne Maske (blau: ohne Maske, orange: MNS, grün: MNB, rot: FFP2).
In der IPA-Maskenstudie wurden 20 Frauen und 20 Männer in vier Untersuchungsblöcken untersucht. Verglichen wurden dabei die Effekte von drei unterschiedlichen Maskentypen mit der entsprechenden Situation ohne Maske.
Die Auswertungen der ersten Studienergebnisse zeigen, dass unter den gewählten Versuchsbedingungen
Abbildung 4 als PDF (PDF, 34 kB, nicht barrierefrei)
Anstieg der Hauttemperatur durch das Tragen der Masken (blau: ohne Maske, orange: MNS, grün: MNB, rot: FFP2) über vier Stunden am Arbeitsplatz.