Bundesfinale "Jugend forscht" 2017 in Erlangen

Bundessieger im Fachgebiet Arbeitswelt
Bild: Stiftung Jugend forscht e. V.

Den 52. Bundeswettbewerb richtete die Stiftung Jugend forscht e.V. gemeinsam mit der Siemens AG und unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten vom 25. Mai bis 28. Mai 2017 in Erlangen aus. Der Bundeswettbewerb war der Höhepunkt der Wettbewerbsrunde, an der 12 226 Jugendliche mit 6.462 herausragenden Projekten teilgenommen haben. Der Wettbewerb stand in diesem Jahr unter dem Motto "Zukunft. Ich gestalte sie".

Ins Finale geschafft haben es 178 Jungforscherinnen und Jungforscher mit 107 Projekten, die bei einem der "Jugend forscht"-Landeswettbewerbe den ersten Preis in einem der sieben Fachgebiete Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik gewonnen haben.

Preisträger des DGUV-Preises für Prävention und Rehabilitation wurden Paula Lankwitz (18), Bianca Kreitz (18) und Lea Kämpfert (18) aus Rostock für die Entwicklung einer Lastenanalyse zur Anpassung von Endoprothesen. Ca. ein Siebtel der 220 000 Hüftgelenksprothesen, die in 2014 in Deutschland implantiert wurden, müssen bereits nach wenigen Jahren ausgewechselt werden – häufig wegen frühzeitiger Abnutzung. Die Jungforscher sind daher der Ansicht, dass es für die Zulassung als Medizinprodukt bessere Testverfahren geben müsste. Um Vorgaben für realistischere Testverfahren zu entwickeln, stellten sie theoretische Überlegungen an, führten wissenschaftliche Recherchen und eigene Versuchsreihen durch, etwa mit Schrittzählern und Laufständen. Dabei klassifizierten sie beispielsweise nach Geschlecht, Alter und Gewicht. Auf dieser Basis könnten die Prothesen künftig besser individuell angepasst werden.

Bundessieger im Fachgebiet Arbeitswelt wurden Albrecht von Bülow (20), Flavio Krug (18) und Saeed Mohamad (20) aus Marburg für die Entwicklung einer Beleuchtung, die ein stressfreies Legen von Kompositfüllungen ermöglicht. In der Zahnmedizin werden für Füllungen häufig Kunststoffe, sogenannte lichthärtende Komposite, genutzt. Das Material wird in einzelnen Schichten aufgetragen und durch die Beleuchtung mit blauem Licht ausgehärtet. Damit dies gelingt, muss der Mund des Patienten gut ausgeleuchtet werden, zum Beispiel mit einer weißen Leuchtdiode. Doch genau dieses Licht lässt das Material bereits nach ein bis zwei Minuten zäh und spröde werden – ein Problem auch für erfahrene Zahnärzte. Die Jungforscher entwickelten eine Lampe für weißes Licht, basierend auf gelben und türkisen LEDs, mit der sich die Verarbeitungszeit des Komposits vervielfacht.

Den zweiten Preis des Fachgebietes Arbeitswelt sowie den Preis für eine Arbeit von Auszubildenden zum Thema "Mensch – Arbeit – Technik" des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall erhielten Christoph Hecker (17) aus Sengenthal, Jakob Götz (16) aus Deining und Florian Otto (18) aus Freystadt für die Entwicklung einer Absturzsicherung für Fahrsilos. Offene Siloanlagen bestehen aus einzelnen, durch Mauern getrennte Parzellen. Da auf diesen nur selten Geländer angebracht sind, kommt es beim Abdecken der Silage gelegentlich zu schweren Arbeitsunfällen. Die Jungforscher entwickelten ein spezielles Sicherungsgeländer, denn aktuell genutzte Modelle sind nicht nur unsicher, sondern auch teuer und stören den Befüllvorgang. Das entwickelte Exemplar wird mittig auf die Mauern geschraubt. Es verfügt über eine breite Trittfläche, die zunächst senkrecht steht und in Verbindung mit dem Geländer wahlweise zu beiden Seiten über den Silagebereich geklappt werden kann. Ähnlich wie die Lehne eines Klappstuhls bleibt das Geländer dabei, dank eines Parallelführungssystems, stets senkrecht.

Der dritte Preis des Fachgebiets Arbeitswelt ging an Jan-Hendrik Egly (19) aus Heuberg und Jonas Baumann (20) aus Buchenbach für die Entwicklung ihres "Easy Detachable Connector". Drehstromstecker sind größer als normale Stecker, müssen aber ebenfalls gezogen werden, um die Steckverbindung zu trennen. Da sich der Stecker ab einem bestimmten Zugpunkt ruckartig löst, entsteht ein Rückstoß infolge überschüssiger Kräfte. Das birgt Unfallgefahren, insbesondere bei Arbeiten auf der Leiter. Jan-Hendrik Egly und Jonas Baumann entwickelten einen speziellen Drehmechanismus, mit dem sich der Stecker kontrolliert aus der Buchse lösen lässt. Über ein mehrgängiges Linksgewinde auf dem Stecker wird eine Überwurfmutter nach vorne gedreht. Diese drückt gegen die Buchse und den Stecker so nach ein bis zwei Umdrehungen heraus. In Tests mit Arbeitskollegen konnten die Jungforscher die optimale Gewindesteigung und –richtung ermitteln.

Der vierte Preis des Fachgebiets Arbeitswelt ging an Myrijam Stoetzer (16), Elias Stoetzer (12) und Lucie Ettlinger (16) aus Berlin für die Entwicklung eines Assistenzsystems zur Venenpunktion. Bei vielen Patienten, insbesondere bei Kindern, ist es weder für Spezialisten noch für Selbstbehandler einfach, die Venen zu erkennen. Um das Auffinden zu erleichtern, entwickelten die Jungforscher ein Assistenzsystem. Es besteht aus handelsüblichen Komponenten und ist daher besonders kostengünstig. Bei dem System wird die Haut mit Infrarotlicht angestrahlt. Das reflektierte Licht wird mit einer Webcam oder einer Kamera aufgezeichnet und auf einem Raspberry Pi wiedergegeben. So gelingt eine kontrastoptimierte Darstellung der Venen in Echtzeit.

Den fünften Preis des Fachgebiets Arbeitswelt erhielten Alexander Riebau (17), Gregor Seyeda (18) aus Goslar und Thorben Bartzsch (18) aus Langelsheim für die Entwicklung einer intelligenten Sprinkleranlage. Übersteigt die Temperatur im Inneren der Sprinkleranlage einen Schwellenwert, beginnt automatisch die Verteilung des Löschwassers über Wasserdüsen, die nur manuell wieder abgestellt werden können. So sind die Schäden durch das Wasser häufig größer als durch den eigentlichen Brand. Die von den Jungforschern entwickelte intelligente Sprinkleranlage erkennt den Brandherd als heißeste Stelle im Raum und der Wasserstrahl lässt sich durch zwei Servomotoren zielgenau ausrichten. Ist die Temperatur wieder auf ein Normalmaß gefallen, schaltet sie sich automatisch ab.

Auf das Fachgebiet "Arbeitswelt" entfielen noch drei Sonderpreise:

Der Preis für eine Arbeit auf den Gebieten der Naturwissenschaften und der Technik der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung ging an Tilman Hoffbauer (17) aus Düsseldorf für die Entwicklung eines SimplePresenters. Die missliche Situation kennen viele: Man hat eine Bildschirmpräsentation vorbereitet, doch die Technik spielt nicht mit, etwas weil Dateiformate inkompatibel sind oder Anschlusskabel nicht passen. Tilman Hoffbauer hat hier Abhilfe geschaffen: Sein "SimplePresenter" basiert auf einem Kleinstcomputer, der direkt in einen der Anschlüsse des Beamers gesteckt wird – man braucht so keinen störungsanfälligen Laptop mehr. Über einen Touchscreen lässt sich die Datei auswählen und man kann ganz einfach durch die Folien klicken. Bei ausgiebigen Tests stellt der Jungforscher fest, dass die Bedienung seines Simple Presenters deutlich weniger Zeit kostet als die eines Computers.

Den Preis des Bundespatenunternehmens erhielt Nils Lüpke (16) aus Lemgo für die Ent-wicklung einer Steuerung für Haushaltsgeräte. Dank der IoT Box von Nils Lüpke können Haushaltsgeräte miteinander kommunizieren, zentral gesteuert werden oder den Nutzer über Ereignisse informieren. IoT steht für "Internet of Things". Schon heute bieten Hersteller IoT-fähige Haushaltsgeräte an. Diese muss man allerdings neu kaufen, um das Konzept zu realisieren. Ökologischer Unsinn, dachte sich Nils Lüpke und entwickelte eine Box, die mit bestehenden Geräten kompatibel ist. Sie enthält neben einem WLAN-Chip einen Infrarot-Sender und –Empfänger. Zentral ist der auf Basis einer Datenbank programmierte IoT-Server, über den die Geräteverwaltung erfolgt.

Der Preis für eine Arbeit von Auszubildenden auf dem Gebiet "Mensch – Arbeit – Technik" ging an Georg Lewald (21) aus Halle (Saale) für die Entwicklung eines höhen- und längenverstellbaren Sägeanschlags für Bandsägen. Wer ein Rohr mit einer Bandsäge in zwei Teilstücke zersägen will, hat folgendes Problem: Um das Rohr an der richtigen Stelle unter dem Sägeblatt zu positionieren, muss man einen Stahlmaßstab anlegen. Die Skala des Lineals ist allerdings nur ablesbar, wenn man den Kopf in die Maschine steckt. Dies birgt Verletzungsgefahren und das Ergebnis ist häufig ungenau. Georg Lewald entwickelte einen neuen Sägeanschlag für Bandsägen. Er besteht aus drei baugleichen Maßstäben, die auf einen Zehntelmillimeter genau justiert werden können und dem Werkstück so Anschlagpunkte bieten. Das Ablesen der Werte erfolgt anhand einer Skala außerhalb der Maschine. Dort sind die Maßstäbe auf zwei höhenverstellbaren Schienen befestigt und lassen sich so für jedes Werkstück passend einrichten.

Einen weiteren Preis des Bundespatenunternehmens erhielt Justus Vaerst (18) aus Naumburg. FI-Schutzschalter schalten elektrische Geräte bei einem Kurzschluss sofort ab. Dabei induziert der Fehlerstrom über einen magnetischen Ringkern den Ausschaltstrom. Dieser Ringkern besteht aus einem Metallband, das nicht brüchig sein darf, da es sonst an Magnetkraft verliert. Justus Vaerst untersuchte, wie sich verhindern lässt, dass die dafür verwendeten Legierungen spröde werden. Er ersetzte sowohl Nickel als auch Silizium teilweise durch Eisen oder Phosphor, erhöhte die Temperatur und testete, wann die Materialien brüchig werden. Sein Fazit: Ein hoher Eisenanteil und das Vorhandensein von Phosphor in der Legierung führen dazu, dass das Material bereits bei geringerer Wärme spröde wird.

Gastgeber des 53. Bundeswettbewerbs Jugend forscht im Jahr 2018 wird vom 24. bis 27. Mai 2018 die Merck KGaA in Darmstadt sein.

Informationen zu allen Preisträgern finden Sie unter www.jugend-forscht.de ().


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