Bundesfinale "Jugend forscht" 2019 in Chemnitz

Bundessiegerin im Fachgebiet Arbeitswelt
Bild: Stiftung Jugend forscht e. V.

Den 54. Bundeswettbewerb richtete die Stiftung Jugend forscht e.V. gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU und unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten vom 16. bis 19. Mai 2019 in Chemnitz aus. Der Bundeswettbewerb war der Höhepunkt der Wettbewerbsrunde, an der 12 150 Jugendliche mit 6 617 herausragenden Projekten teilgenommen haben. In diesem Jahr stand der Wettbewerb unter dem Motto "Frag Dich".

Ins Finale kamen 190 Jungforscherinnen und Jungforscher mit 111 Projekten, die bei einem der "Jugend forscht"-Landeswettbewerbe den ersten Preis in einem der sieben Fachgebiete Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik gewonnen haben.

Bundessiegerin im Fachgebiet Arbeitswelt wurde Tara Moghiseh (17) aus Kaiserslautern für Ihre Arbeit "KI im Krebslabor – CELLnet: automatisierte Leukozytendifferenzierung für die Leukämiediagnostik mit KI".
Bei Leukämiekranken müssen die weißen Blutkörperchen regelmäßig untersucht werden. Das ist teuer und benötigt viel Zeit. Tara Moghiseh ist überzeugt, dass sich diese Analysen mithilfe künstlicher Intelligenz schneller und günstiger erstellen lassen, ohne dabei an Genauigkeit einzubüßen. Die Jungforscherin programmierte Algorithmen, die verschiedene Typen weißer Blutkörperchen anhand bestimmter Merkmale erkennen und das so Gelernte anschließend auf unbekannte Blutproben übertragen. Ihr Leukozytenklassifikator kann die fünf Haupttypen der Blutkörperchen mit einer Genauigkeit von etwa 98 Prozent unterscheiden und auszählen. Für eine maximale Zuverlässigkeit benötigt das selbstlernende, neuronale Netzwerk allerdings noch weitaus mehr Blutproben zum Trainieren.
Die Jury beeindruckte insbesondere, dass die Jungforscherin eine sehr große Menge medizinischer Daten selbstständig aufbereitet hat und tief in die Funktionsweise neuronaler Netze eindrang. Mit großer Beharrlichkeit optimierte sie die Vorhersagekraft des Netzes stetig. Ihre Forschungsarbeit kann im medizinischen Alltag dazu beitragen, dass akute Leukämien früh erkannt und somit die Chancen auf Heilung erhöht werden.

Aus dem Fachgebiet Arbeitswelt gab es in diesem Jahr einen der sehr begehrten fachbereichsübergreifenden Bundessiege. Es ist die Arbeit von Jakob Rehberger (17) und Jonas Münz (16) aus Laupheim mit dem Titel "Feinschliff an der Knochenschraube – ultraTEC – und der Grat ist weg!", für die die beiden mit dem Preis für eine außergewöhnliche Arbeit des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier ausgezeichnet wurden.
Knochenimplantate aus Titan haben winzige Bohrungen und Poren, deren scharfe Kanten vor dem operativen Einsetzen sauber entfernt werden müssen. Bei vielen in der Industrie gängigen Verfahren des Entgratens bleiben Kleinstpartikel oder Verunreinigungen zurück, die in den Körper des Patienten gelangen können. Jakob Rehberger und Jonas Münz fanden eine Lösung für dieses Problem. Sie entwickelten eine Maschine, die die scharfen Kanten von Knochenschrauben mit Ultraschallwellen entfernt. Die Jungforscher testeten verschiedene Lösemittel, Temperaturen, Einstrahlwinkel wie auch Bestrahlungszeiten und analysierten die entgrateten Schrauben auf Rückstände und Keime. Ergebnis ihrer Forschungsarbeit ist eine vollautomatische, einsatzbereite Ultraschall-Maschine, die sauber entgratete und keimfreie Implantate liefert.
Die Jury beeindruckte insbesondere, wie die beiden Jungforscher auch schwierigsten Problemen nachgegangen sind, die vorher als unlösbar galten. Sie stellten sich den gefundenen Phänomenen, die sie anfangs nicht verstanden hatten, und recherchierten so lange, bis sie eine schlüssige Erklärung fanden. Dadurch konnten sie ein etabliertes Verfahren deutlich verbessern.

Der zweite Preis des Fachgebietes Arbeitswelt ging an Aaron Schlitt (17) aus Kaufungen für die Arbeit "Sicherer online – Zugang auf Knopfdruck cryptStick – Sicherheit zum Mitnehmen".
Passwörter sind für viele lästig und werden dauernd vergessen, doch ohne sie geht beinahe nichts mehr in der Welt der Online-Kommunikation. Trotzdem schützt selbst ein verantwortungsvoller Umgang mit Kennwörtern den Nutzer nicht vor gelegentlichem Datenverlust oder -missbrauch. Viele Programme speichern Passwörter im Klartext, sodass sie durch sogenannte Phishing-Mails ausgelesen werden können. Die Entwicklung von Aaron Schlitt schließt diese Sicherheitslücke. Der Jungforscher konzipierte eine kryptografische Lösung zur Authentifizierung, die anhand eines Zwei-Faktor-Verfahrens über ein Smartphone abgesichert wird. Sein cryptStick ist wenig größer als ein USB-Stick und ermöglicht eine komfortable Anmeldung mit einem simplen Tastendruck – und ohne Passwort.

Den dritten Preis des Fachgebiets Arbeitswelt sowie den Preis für eine Arbeit auf dem Gebiet „Gute Prävention und Rehabilitation“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. erhielten Gerold Kiefl (12), Anna Kiefl (12) und Felix Kiefl (16) aus Straubing für ihre Arbeit "Sicherheit für Darmpatienten – Stoma-Warner".
Wenn sich die Befestigung eines künstlichen Dünndarmausgangs vom Körper löst, kommt es durch den sehr flüssigen Stuhl zu unangenehmen Verschmutzungen. Besonders während des Schlafs können die Auswirkungen eines solchen Vorfalls erheblich sein. Gerold, Anna und Felix Kiefl entwickelten einen Ring-Feuchtigkeitssensor mit entsprechender Elektronik, der am Darmausgang auf der Haut angebracht wird und den Träger bei Austritt von Flüssigkeit alarmiert. Im Tag-Modus erfolgt dies diskret per Vibration, im Nacht-Modus wird die betroffene Person durch ein schrilles Signal geweckt. Die Jungforscher arbeiteten das komplette System in eine textile Bauchbinde ein, die unter der Kleidung unsichtbar getragen werden kann. Sie ermöglicht den Patienten ein unbefangeneres Leben in der Öffentlichkeit.

Der vierte Preis des Fachgebiets Arbeitswelt sowie der Preis für eine Arbeit auf dem Gebiet der Technik der Heinz und Gisela Friedrichs Stiftung ging an Felix Röwekämper (22) für seine Arbeit "Sauber auch in den Ecken – Anpassungsfähige Staubsauger-Bodendüse".
Felix Röwekämper störte, dass er beim Staubsaugen regelmäßig die Möbel verrücken musste, um auch in alle Ecken zu gelangen. Abhilfe schafft hier künftig seine neue flexible Bodendüse. Sie verfügt über zwei schwenkbare Saugteile, die sich an engen Stellen bis zu einem Viertel ihrer Ursprungsbreite einklappen lassen, ohne dass Saugkraft verloren geht. Der Jungforscher konstruierte zunächst am Computer ein dreidimensionales Modell und druckte die Kunststoffteile dann am 3-D-Drucker aus. Knifflig war die Rückführung der beiden Schwenkarme in die Ausgangsstellung. Dieses Problem wird bei seinem Prototyp durch je zwei Zugfedern gelöst, die vom Grundkörper entlang der Saugteile gespannt sind. Der neue Sauger entfernt ausgestreutes Konfetti selbst in schwer zugänglichen Ecken.

Den fünften Preis des Fachgebiets Arbeitswelt sowie den Preis für eine Arbeit auf dem Gebiet der Umwelttechnik der Deutschen Bundesstiftung Umwelt erhielt Antonia Münchenbach (17) aus Emmendingen für Ihre Arbeit "Kreidestaub im Klassenzimmer – Indoor-Feinstaub-Projekt".
Wer sein Abitur macht, hat zuvor mehrere Tausend Stunden in Klassenzimmern verbracht. Was vielen Schulabgängern nicht klar sein dürfte: In diesen Jahren waren sie mit erheblichen Mengen an Feinstaub konfrontiert, der jedes Mal beim Trockenwischen der Tafel entsteht. Antonia Münchenbach stellte in zwei unterschiedlichen Klassenräumen 48 selbst gebaute Messboxen auf und wertete die Daten dreidimensional aus. Sie stellte fest, dass die Feinstaubbelastung für Lehrer und die Schüler in den vorderen Reihen besonders hoch ist. In den hinteren Reihen dagegen ist sie zeitlich kürzer und schwächer. Obwohl Gips und Magnesiumoxid aus Tafelkreide ungefährlich sind, empfiehlt die Jungforscherin Feinstaubampeln, die bei hoher Belastung Alarm schlagen. Auf jeden Fall sollte regelmäßig und ausgiebig gelüftet werden.

Auf das Fachgebiet "Arbeitswelt" entfiel auch ein Sonderpreis:
Die Teilnahme am China Adolescents Science & Technology Innovation Contest in China der China Association for Science and Technology (CAST) und Ernst A. C. Lange-Stiftung. Den Preis erhielten Johanna Alisa Berger (17) aus Meiningen und Phi Nhung Nguyen Thi (16) aus Ilmenau für ihre Arbeit "Unendliche Weiten: Lernen in 3-D – Virtual Reality – Eintauchen in andere Welten".
Faszinierend bei Computerspielen ist zumeist die virtuelle 3-D-Umgebung, in der man nahezu grenzenlos agieren kann. Johanna Alisa Berger und Phi Nhung Nguyen Thi sind davon überzeugt, dass diese Technik auch in der Schule helfen könnte, komplexe Sachverhalte spielerisch und einprägsam zu vermitteln. Die beiden programmierten ein Lernspiel, bei dem Schüler der Klassen 8 bis 10 Teile ihres Astronomieunterrichts in virtuellen Welten absolvieren können. Die Grundidee dabei war, dass jeder Teilnehmer verschiedene Rätsel lösen muss, um das Ziel des Spiels zu erreichen. Wer beispielsweise die Planeten unseres Sonnensystems in die richtige Anordnung bringt, ist eine Runde weiter. Für die erforderliche 3-D-Brille verwendeten die Jungforscherinnen ein einfaches Pappgestell mit Linsen, in das ein Smartphone eingesetzt wird

 

Gastgeber des 55. Bundeswettbewerbs Jugend forscht im Jahr 2020 in Bremen werden vom 21. bis 24. Mai 2020 die Unternehmensverbände im Lande Bremen e.V. sein.

Informationen zu allen Preisträgern finden Sie unter www.jugend-forscht.de.


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