Drittes Reich und Nachkriegszeit

Die Geschichte der gesetzlichen Unfallversicherung - ein Rückblick (Teil 4)

Plakat mit Text Vorsicht Umsicht Rücksicht

Vorsicht - Umsicht - Rücksicht! Arbeitsschutzplakat aus den 30er Jahren
Bild: DGUV

In der Zeit des Dritten Reiches bleibt die Unfallversicherung in ihrer Organisationsform und ihren Aufgaben im Kern unbeeinträchtigt. Stärkster Eingriff ist die Absetzung der Selbstverwaltung und die Implementierung des "Führerprinzips". Der Nationalsozialismus hatte ein eigenständiges Interesse an der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Sein Ziel war die Stärkung der "Volksgesundheit“ als Voraussetzung für die wirtschaftlichen und militärischen Pläne des Regimes. Der erste deutliche Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie auf die Verwaltungen der Unfallversicherung ist in der Vertreibung jüdischer Unternehmer aus ihren Ehrenämtern in den Berufsgenossenschaften zu sehen. Widerstand haben die Verantwortlichen der Unfallversicherung dem neuen Regime wohl nur an wenigen Stellen entgegengebracht. Die Stimmung schwankt eher zwischen Anpassung und Begeisterung. So wird in einem Protokoll der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft vom August 1939 die Flucht jüdischer Unternehmer nur insoweit erwähnt, als man sich Sorgen machte um die "Sicherung der jüdischen Beiträge“.

Dennoch fällt 1942 einer der wichtigsten Fortschritte im Unfallversicherungsrecht gerade in diese Zeit: die Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf alle Arbeitnehmer - ohne Ausnahme.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg wird die Unfallversicherung ebenso wie das Land zerrissen: In der DDR gibt es nur noch eine Einheits-Sozialversicherung, der Arbeitsschutz wird allein von staatlichen Stellen ausgeübt.  In der neuen Bundesrepublik revidieren die  politisch Verantwortlichen die strukturellen Veränderungen der NS-Zeit: 1951 wird die paritätische Selbstverwaltung eingeführt. In dieser Zeit werden auch die ersten berufsgenossenschaftlichen Kliniken gebaut, um den Versicherten eine optimale Versorgung bieten zu können. Parallel zur medizinischen Rehabilitation wächst auch die Bedeutung der Prävention. In den 60er Jahren bekräftigt die Politik das Prinzip der Unfallversicherung durch den gesetzlichen Auftrag, Unfälle "mit allen geeigneten Mitteln“ zu verhüten.

Eine große Ausweitung ihrer Verantwortung erfahren die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand dann 1971 mit der Gründung der Schülerunfallversicherung. Seither genießen auch alle Schüler, Studenten, Hort- und Kindergartenkinder Versicherungsschutz bei Unfällen, die ihnen in ihrer Bildungsstätte oder auf dem Weg dorthin zustoßen. Im Übrigen sind bei den Unfallkassen viele im öffentlichen Interesse selbstlos tätige Personen versichert, zum Beispiel Lebensretter und - unter bestimmten Voraussetzungen - auch ehrenamtlich Tätige.