abgeschlossen 04/2023
Traumatische Nervenläsionen der oberen Extremitäten treten vor allem bei jungen, noch im Arbeitsleben stehenden Erwachsenen auf, mit erheblichen Folgen für alle Lebensbereiche. Die Diagnostik ist komplex und das Schädigungsausmaß kann mit der bisherigen Standarddiagnostik (klinische Untersuchung, Elektrophysiologie und ggf. Sonographie) oft erst im Verlauf abgeschätzt werden. Daher war das Ziel der vorliegenden Studie, die klinische Anwendung der Magnetresonanz(MR)-Neurographie zur optimierten frühzeitigen Diagnostik zu evaluieren. Da periphere Nervenläsionen der oberen Extremitäten auch nach Versorgung mit Osteosynthese-Material bei Frakturen auftreten können, wurde zusätzlich die Darstellbarkeit von Nerven bei einliegendem osteosynthetischem Material evaluiert.
Beim Studienteil zu peripheren Nervenläsionen handelt es sich um ein prospektives Kohortendesign, welches multizentrisch an zwei Kliniken (BG Klinik Ludwigshafen, BG Unfallklinik Frankfurt) durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Testpersonen nach akut-traumatischen peripheren Läsionen der Stammnerven der oberen Extremitäten (n = 23). Die Stichprobe ist überwiegend männlich (78 %) und im Durchschnitt 35 Jahre alt (SD = 12,5). Insgesamt sind 33 Nerven betroffen (81 % vollständig, 19 % unvollständig durchtrennt). Untersuchungen wurden jeweils unmittelbar nach der Operation (T1), nach vier (T2), zwölf (T3), und 18 Monaten (T4) durchgeführt. Die Untersuchungen umfassten jeweils die MR-Neurographie, Elektrophysiologie, klinische Anamnese, senso-motorische Testung (2PD-Schwelle, WEST-Test, Handkraft) und Fragebögen zum Befinden (PainDetect, IES-R, DASH, DASS und SF-36).
Für den Studienteil zur MR-Diagnostik bei einliegendem Osteosynthesematerial wurden n = 16 Personen eingeschlossen. Die Stichprobe ist zur Hälfte weiblich mit einem Durchschnittsalter von 50 Jahren (SD = 15,1). Bei dieser Gruppe wurde eine einmalige MR-neurographische Untersuchung durchgeführt.
Im Studienteil zu Nervenläsionen zeigen die Funktionsdaten weitgehend einen positiven Verlauf über die vier Messzeitpunkte (DASH, p < 0,001; WEST-Test, p < 0,01, Kraft im Faustschluss, p < 0,001, Kraft im Spitzgriff, p = 0,109). Auch in den elektrophysiologischen Befunden spiegelt sich der positive Trend wider. Zu T4 zeigt sich bei 44 % der Stichprobe bei den motorischen Nerven eine weitgehend abgeschlossene Reinnervation, bei den sensiblen Nerven sind es 19 %. Die Testpersonen zeigen eine deutliche psychische Belastung durch posttraumatische Symptome (T4: 44 %) und der überwiegende Anteil leidet unter neuropathischen Schmerzen (T4: 60 %). Auch wenn die klinischen Daten einen einheitlichen Trend in Richtung Befundverbesserung zeigen, sind die Daten auf individuellem Niveau heterogen und korrelieren, wenn überhaupt, nur mäßig untereinander. Die Daten der MR-Neurographie zeigen einen signifikanten U-förmigen Verlauf der Fraktionalen Anisotropie(FA)-Werte proximal und distal der Koaptationsstelle über die vier Messzeitpunkte hinweg. Der Anstieg der FA-Werte ab Messzeitpunkt T2 ist vergesellschaftet mit einer Verbesserung der klinischen Ergebnisse. Auch hier zeigt sich auf Einzeldatenniveau kein stringenter Zusammenhang. Daher wurde ein Gesamtscore bestehend aus den Ergebnissen des DASH, des WEST Tests, der Handkraft im Faustschluss und der motorischen und sensorischen Elektrophysiologie gebildet. Der Gesamtscore zu T4 korreliert signifikant mit den FA-Werten zu T2 (r = 0.46, p = 0.03).
Bezüglich der Darstellung von Nerven nach osteosynthetischer Versorgung zeigt sich, dass distal immer eine indirekte und in der Mehrzahl der Fälle auch eine direkte Beurteilbarkeit gegeben ist.
Fazit: In der vorliegenden Studie wurden erstmals systematisch die Ergebnisse der MR-neurographischen Diagnostik im Verlauf bei peripheren Nervenläsionen der oberen Extremität gezeigt und mit klinischen Funktionsdaten korreliert. Hier zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Werten der FA vier Monate nach Operation mit den Gesamtscores über die Funktionsdaten. Es konnte somit der Mehrwert des Verfahrens hinsichtlich der Vorhersage des Regenerationspotenzials gezeigt werden. Weiterhin konnte im Rahmen der Studie gezeigt werden, dass eine Beurteilung der Integrität des Nervs auch bei einliegendem Osteosynthese-Material indirekt immer möglich ist und direkt in der Mehrzahl der Fälle. Im Rahmen der Studie wurden die technischen Details zur Messung entwickelt und erprobt, die nun auch anderen Kliniken zur Verfügung gestellt werden können.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):-Verschiedenes-
Schlagworte:Rehabilitation
Weitere Schlagworte zum Projekt:periphere Nervenläsion, MR-Neurographie