abgeschlossen 05/2017
Zur Unterstützung in der Beratung und für verschiedene Tätigkeiten der täglichen administrativen Arbeit in verschiedenen Niederlassungen eines Unternehmens sollten Beschäftigte mit Tablet-PCs als digitale Arbeitsmittel ausgestattet werden. Die Beauftragung der BG Verkehr sah eine Beurteilung der Arbeitssituation vor Ort und die Ermittlung von Maßnahmen zur Gestaltung gesunder Arbeit im Zusammenhang der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung für die veränderte Arbeitssituation vor. Die praktische Umsetzung erfolgte durch das IFA. Das Projekt wurde vom Status Proof of Concept (POC) ab 2016 bis zum Roll out in allen Filialen deutschlandweit (2018) begleitet. Aufgrund der technischen Entwicklung ist ein zunehmender Einsatz von Tablets auch in anderen Unternehmen zu erwarten. Somit können Projektergebnisse für die Präventionsarbeit umfassend genutzt werden.
Die Umsetzung des Projekts erfolgte durch eine Kombination quantitativer und qualitativer Methoden mit anschließender integrativer Bewertung der Daten ("Triangulation"), die eine multiperspektivische Sicht auf den Evaluationsgegenstand ermöglicht. Geplant waren zunächst Feldbeobachtungen in drei Filialen, in denen die Tablet-PCs bereits eingesetzt werden. Die Mitarbeitenden wurden bei ihrer täglichen Arbeit mit den Tablets beobachtet. Die ausgeführten Arbeitsschritte wurden dokumentiert (u. a.: Wie häufig und wie lange wird das Tablet eingesetzt? Welche Aufgabe wird damit erledigt? usw.), um den Arbeitsablauf zu analysieren. Zudem wurden Kontextszenarien generiert, um die Anforderungen und Bedürfnisse der Beschäftigten zu verstehen und die Einflüsse der Umgebung auf die Interaktion mit den Tablet PCs aufzudecken. Dies geschah mittels semistrukturierten Interviews. Hierzu wurden drei bis fünf Beschäftigte in den Shops befragt. Aus diesen Ergebnissen wurden Hypothesen generiert, die mittels quantitativer Befragung (Online-Fragebogen/Paper-Pencil-Befragung) untersucht werden. Die Mitarbeiterbefragung diente der Präzisierung der in Feldbeobachtungen, Kontextinterviews und Usability-Test erhaltenen Erkenntnisse/kritischen Nutzungssituation. Die Mitarbeiterbefragung war dabei in drei Themencluster (nicht alle Fragen sind trennscharf) unterteilt: Ergonomie, Technik und Interaktion mit dem Tablet. Alle Fragen wurden mit einer Möglichkeit der Präzisierung mittels Kommentar versehen. Hierzu wurden Mitarbeitende (ca. 60) aus den Shops eingeladen, in denen die Tablet-PCs eingesetzt wurden. Zu der Online-Befragung wurden alle, am POC teilnehmenden Beschäftigten eingeladen. An der Befragung über einen Monat (22.2. bis 22.3.2017) haben sich insgesamt 32 Beschäftigte beteiligt.
Zu den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung: Ein überwiegender Teil der Befragten äußerte sich positiv zu der Display-Größe, der Darstellungseigenschaften des Displays und den Eingabemöglichkeiten mit Finger und Stift. Ein großer Anteil der Befragten fühlt sich insgesamt nicht übermäßig durch das Gewicht des Tablets belastet. Fragen zum Anwinkeln des Handgelenks und der Körperhaltung während der Eingabe an dem Tablet wurden eher heterogen eingeschätzt. Negativ hingegen beurteilt eine Mehrheit die zur Verfügung stehende Arbeits- und Ablagefläche. Zu Systemabstürzen der Tablet-Software, der Akkulaufzeit des Tablets und einem reibungslosen Druckvorgang äußerten sich die Beschäftigten neutral. Auffällig ist, dass im Falle eines Tablet-Ausfalls oder einem leeren Akku nur 50 % der Befragten ein Ersatzgerät zur Verfügung steht. Aus Gesprächen mit den Beschäftigten und den Projektverantwortlichen waren diese Probleme bekannt und wurden behoben bzw. wurden zu einem großen Teil schon während der Feldbeobachtung optimiert. Knapp die Hälfte aller Befragten gab an, dass das Tablet eine bessere Beratung ermöglicht und effizienter ist als der Einsatz von Stift und Papier. In den Kommentaren wird die hohe Mobilität und Flexibilität, die durch das Tablet ermöglicht wird, positiv hervorgehoben, allerdings werden technische Beschränkungen, wie Systembrüche zwischen Tablet und Desktop-PC, kritisiert. Über 60 % fällt der Umgang mit der Software leicht und knapp 60 % fühlt sich im Umgang mit dem Tablet im Kundengespräch sicher. Nach den Angaben der Beschäftigten reagieren Kunden zudem überwiegend positiv auf die Beratung mit dem Tablet. Allerdings nutzen weniger als die Hälfte das Tablet lieber als Papier und Stift, knapp 22 % haben keine klare Präferenz. Auf der Basis der Ergebnisse war es möglich, Empfehlungen für weitere notwendige Untersuchungen und Optimierungsvorschläge abzuleiten: Tablet: Anschaffung von Tablets mit reflexionsarmem Display (Ausstattung mit Displayfolie) und höherer Leuchtdichte (ab 400 cd/m²). Zusätzliche Hardware: Bereitstellung externer Tastatur/Nutzung von Dockingstation/Eingabestift zur Reduzierung der weniger ergonomischen Fingereingabe. Ergonomie: Erweiterung der Arbeitsfläche der Beschäftigten und Ablagemöglichkeiten für die Tablets. Software-Ergonomie: Fortlaufende Evaluation und Weiterentwicklung einer ergonomischen Software. Schulung der Beschäftigten: spezifische Unterweisung der Beschäftigten durch Szenario basierte Schulungen/Einsatz von Multiplikatoren. Die Ergebnisse der Untersuchungen bilden die Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung der Arbeit mit den Tablets in den einzelnen Filialen.
Verkehr
Gefährdungsart(en):Gestaltung von Arbeit und Technik
Schlagworte:Gefährdungsbeurteilung, Mensch-Maschine-Schnittstelle
Weitere Schlagworte zum Projekt:Digitalisierung, mobiles Arbeiten