Erfassung arbeitsbedingter Kniebelastungen in ausgewählten Berufen

Projekt-Nr. IFA 4188

Status:

abgeschlossen 01/2012

Zielsetzung:

Im Merkblatt zur BK 2112 "Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht" werden arbeitsbedingte Kniebelastungen durch Knien, Hocken und Kriechen als Risikofaktoren zur Ausbildung einer entsprechenden Erkrankung genannt. Über Qualität und Quantität dieser Belastungen gibt es allerdings kaum valide Daten. Darüber hinaus basiert eine Vielzahl epidemiologischer Studien zu diesem Thema auf Selbsteinschätzungen von Probanden. Dieses Projekt verfolgte deshalb zwei Ziele: Die Qualität und Quantität beruflicher Kniebelastungen auf der Grundlage valider Messdaten zu beschreiben und die Validität von Eigenangaben zur beruflichen Kniebelastung zu prüfen. Die Ergebnisse erscheinen in Form eines IFA-Reports und zweier internationaler Publikationen in einschlägigen wissenschaftlichen Zeitschriften.

Aktivitäten/Methoden:

Die im Projekt IFA4138 "Messwertkataster Kniebelastungen" (GonKatast) gewonnenen Messdaten zu beruflichen Belastungen durch Knien, Hocken und Knien sollten über die reine arbeitstägliche Dauer weiter ausgewertet werden, sodass u. a. Angaben zu den während der Haltungen eingenommenen Kniewinkelbereichen, der Anzahl und Dauer einzelner Kniebelastungsphasen oder der Symmetrie der Kniebelastung gemacht werden können, jeweils für die im Projekt "GonKatast" untersuchten 16 Berufe. Des Weiteren sollten die messtechnisch gewonnenen Angaben zur Dauer von fünf verschiedenen Kniebelastungen (Knien ohne Abstützung, Knien mit Abstützung, Fersensitz, Hocken und Kriechen) mit den bereits per Fragebogen erfassten Eigenangaben von 190 Probanden verglichen werden. Dazu wurden von jedem Probanden zwei Fragebögen (der erste direkt nach der Messung, der zweite sechs Monate nach der Messung) ausgewertet und mit den entsprechenden Messdaten aus GonKatast verglichen. Als statistische Verfahren sollten Korrelationsberechnungen, Wilcoxon-Test und Bland-Altman-Plots eingesetzt werden.

Ergebnisse:

Die bereits in den vorausgegangenen Untersuchungen (GonKatast) beobachtete große Variation der beruflichen Kniebelastung hinsichtlich der täglichen Expositionsdauer war auch für die Anzahl der Kniebelastungsphasen pro Arbeitsschicht und ihre jeweilige Dauer festzustellen: Im Untersuchungskollektiv reichte die Anzahl der täglichen Kniebelastungsphasen von 20 bis 384 Vorgängen, die durchschnittliche Dauer eines einzelnen Vorgangs von 0,2 min bis 13,5 min. Auf diese Weise ließen sich sowohl relativ statische Belastungen als auch sehr dynamische Vorgänge unterscheiden. Die Untersuchung der während der kniebelastenden Haltungen eingenommenen Kniewinkelbereiche ergab, dass die Kniegelenke zu etwa 75 % der Zeit mindestens stark gebeugt (>= 120°) waren und zu etwa 25 % der Zeit sogar extrem gebeugt (>= 150°). Die Kniegelenksflexion scheint somit stärker ausgeprägt als bisher angenommen. Die messtechnische Analyse der kniebelastenden Haltungen hat darüber hinaus gezeigt, dass die Belastungen in der Regel nicht beide Kniegelenke gleichmäßig betreffen, sondern dass - z. B. durch einbeiniges Knien - die Belastungen unsymmetrisch auftreten und somit ein Kniegelenk stärker beeinträchtigen. Zusammenfassend bilden die Ergebnisse der messtechnischen Analyse einen wichtigen Baustein in der Erforschung der Schädigungsmechanismen in kniender und hockender Körperhaltung. Hinsichtlich der Güte von Selbsteinschätzungen konnte die Studie belegen, dass Probanden weder unmittelbar im Anschluss an die entsprechende Tätigkeit noch sechs Monate später in der Lage waren, die Dauer ihrer Kniebelastung ausreichend valide einzuschätzen. Die Abweichungen zur objektiv gemessenen Dauer der Kniebelastungen waren z. T. enorm und lagen bei einem Großteil der Probanden über 100 %, teilweise sogar über 1.000 %. Im Gegensatz zur Quantifizierung der Belastungen war es den Probanden in beiden Befragungen aber sehr wohl möglich, das Vorkommen oder Fehlen entsprechender Haltungen korrekt anzugeben. Diese Ergebnisse sollten bei der Planung von Studien und der Entwicklung von Fragebögen beachtet werden.

Stand:

02.05.2016

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
  • Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr)
  • Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM)
  • Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI)
  • Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse
  • Universität Witten-Herdecke
  • Universitätsklinikum Tübingen
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Arbeitsbedingte Erkrankungen

Schlagworte:

Muskel-Skelett-Erkrankungen (außer Krebserkrankungen)

Weitere Schlagworte zum Projekt:

IFA-Report, arbeitsbedingte Kniebelastungen, Kniewinkelbereiche, Validität von Eigenangaben, Methodenvergleich