abgeschlossen 01/2014
Durch die steigende Anzahl von Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen arbeitet eine zunehmende Anzahl an Beschäftigten physisch inaktiv. Hiermit sind erhöhte Risiken für Muskel-Skelett- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Typ-2-Diabetes verbunden. In den letzten Jahren wurden daher verschiedene kommerzielle Konzepte von sogenannten dynamischen Büroarbeitsplätzen entwickelt, die leichte physische Aktivität mit der Ausführung von Bürotätigkeiten verbinden. Da über die Auswirkungen der dynamischen Büroarbeitsplätze auf die physische Aktivität und die kognitive Leistungsfähigkeit wenig bekannt ist, war es das Ziel dieser Untersuchung, diese Arbeitsplätze in systematischen Labormessungen im Vergleich zu konventionellen Arbeitsplätzen zu untersuchen. Das Projekt wurde in Kooperation mit dem niederländischen TNO-Institut "Work and Employment" bearbeitet.
Die Laboruntersuchungen wurden mit zwölf Versuchspersonen an zwei dynamischen Arbeitsplätzen (Laufbandarbeitsplatz und Sitzergometer) und einem konventionellen Büroarbeitsplatz durchgeführt. Die dynamischen Arbeitsplätze wurden mit je zwei unterschiedlichen Intensitäten getestet. Bei jeder Arbeitsstation mussten die gleichen standardisierten Bürotätigkeiten ausgeführt werden. Die Arbeitsstationen und die Tätigkeiten werden dabei in randomisierter Reihenfolge bearbeitet. Die physische Aktivität wurde mithilfe des CUELA-Activity-Messsystems in Verbindung mit Herzfrequenzmessungen und elektromyografischen Messungen der Rückenmuskulatur analysiert. Aus den Messungen wurden die personenbezogenen Arbeitsleistungen der einzelnen Tätigkeiten, Körperhaltungen und -bewegungen, die physische Aktivität von PAI-Werten (Physical Activity Indices), der Energieumsatz und die muskuläre Aktivität ermittelt. Eine subjektive Einschätzung der dynamischen Arbeitsplätze durch die Versuchspersonen erfolgte über standardisierte Fragebögen, die in den Niederlanden bereits evaluiert wurden.
An den dynamischen Arbeitsstationen wurden ähnliche Körperhaltungen wie an den konventionellen Gegenstücken gemessen (beim Vergleich konventionelles Sitzen zu Sitzergometerarbeitsplatz und konventionelles Stehen zu Laufbandarbeitsplatz). So waren am dynamischen und konventionellen Sitzarbeitsplatz ähnliche Sitzhaltungen mit entsprechenden Rückenkrümmungen und Beckenwinkeln zu beobachten. Bei den beiden untersuchten Muskelgruppen (m. erector spinae und m. trapezius) zeigten sich mit höheren Intensitäten der dynamischen Arbeitsstationen auch höhere muskuläre Aktivitäten. Allerdings waren die Unterschiede aufgrund der individuellen Streuungen der Versuchspersonen nur in wenigen Fällen signifikant. Die geringsten Muskelaktivitäten wurden am konventionellen Sitzarbeitsplatz gemessen. Bei den dynamischen Arbeitsstationen streuten die individuellen Muskelaktivitäten mit zunehmender Bewegungsintensität. Die Messung der Herzfrequenz und physischen Aktivitäten führten zu signifikanten Erhöhungen an den meisten dynamischen Arbeitsstationen im Vergleich zum konventionellen Sitzarbeitsplatz. Wie erwartet stiegen beide physischen Messgrößen mit steigender Bewegungsintensität der dynamischen Arbeitsstationen an. Die Messung des Energieumsatzes ergab überwiegend signifikant erhöhte Werte für die dynamischen Arbeitsstationen (Ausnahme: Laufband mit niedriger Intensität). Bei der Befragung gaben die Versuchspersonen bzgl. ihrer Arbeitsleistung beim Arbeiten an den dynamischen Arbeitsstationen an, dass sich diese verschlechtern würde. Die objektive Evaluation der Arbeitsleistung konnte diese subjektive Einschätzung nicht bestätigen: Nur für die Aufgabe der Mausnutzung in Kombination mit dem Arbeiten am Laufband bei der höchsten Intensität ließ sich eine signifikant verringerte Geschwindigkeit um 16 % und eine signifikant verringerte Genauigkeit um 12 % nachweisen. Alle anderen Tätigkeiten zeigten weder eine signifikante Verschlechterung noch eine signifikante Verbesserung der Arbeitsleistung. Die dynamischen Arbeitsplätze erhöhen die physische Aktivität messbar. Unter dem Aspekt, dass zur Ausführung von Büroarbeit bestimmte Körperhaltungen und die wiederholte, ausdauernde Aktivität u. a. der hier untersuchten Muskeln erforderlich sind, sind die geringen Unterschiede in Körperhaltung und Muskelaktivität als positiv anzusehen. Derzeit ist jedoch fraglich, ob sich die „dynamischen“ Alternativen im Berufsalltag etablieren und ein Ersatz für konventionelle Büroarbeitsplätze sein können. Die in dieser Untersuchung getesteten dynamischen Arbeitsplätze zeigten einige Defizite bzgl. der ergonomischen Gestaltung und bedürfen daher einer Überarbeitung hinsichtlich der Ergonomie und der Sicherheit während der Nutzung. Die Arbeitsplätze werden jedoch stetig weiterentwickelt und neuere Versionen der dynamischen Arbeitsplätze sind bereits heute ergonomisch besser gestaltet und platzsparender nutzbar. Denkbar ist, dass zukünftig eine Erhöhung der physischen Aktivität am Büroarbeitsplatz durch ergänzende Nutzung dynamischer Arbeitsstationen, z. B. temporäre Nutzung oder optionale Leihgabe für mehrere Beschäftigte, erreicht werden kann. Eine ausführliche Darstellung der Untersuchung wird z. Z. in einem IFA-Report zusammengestellt.
Verwaltungen
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Gestaltung von Arbeit und Technik, -Verschiedenes-
Schlagworte:Muskel-Skelett-Erkrankungen (außer Krebserkrankungen), Bildschirmarbeit, Physische Beanspruchung/Belastung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Dynamische Büroarbeitsplätze, physische Inaktivität, kognitive Leistungsfähigkeit, Prävention Bewegungsmangel, EMG, CUELA, Verhältnisprävention