Erläuterungen zum Regelwerk

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Pyramide des deutschen Arbeitsschutzrechts
Bild: IFA

Europäisches Arbeitsschutzrecht

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union spricht in Artikel 31 jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen zu. Dieses Recht ist in Artikel 151 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) verankert.

Gemäß Artikel 153 des AEU-Vertrages können das Europäische Parlament und der Rat zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen Richtlinien erlassen. Dabei sind in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehende Bedingungen und technische Regelungen zu berücksichtigen. Die Richtlinien sind als Mindestvorschriften anzusehen. Das bedeutet, die Mitgliedstaaten dürfen die gesetzten Standards nicht unterschreiten, können aber darüber hinausgehen.

Maßgeblich für das europäische Arbeitsschutzrecht ist die Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (kurz: Arbeitsschutzrahmen-Richtlinie). Ihr zugeordnet sind Einzelrichtlinien, die Mindestvorschriften u. a. für die Bereiche Arbeitsstätten, Arbeitsmittel und Persönliche Schutzausrüstungen enthalten.

Weiterhin haben die Vorgaben zur Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes bzw. zur Gewährleistung seines Funktionierens eine sozialpolitische Dimension, die auch Auswirkungen auf das Arbeitsschutzrecht der Europäischen Union hat. So heißt es in Artikel 114 des AEU-Vertrages über Maßnahmen zur Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften: „Die Kommission geht … in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau aus und berücksichtigt dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen.“

Basierend auf Artikel 114 werden Verordnungen erlassen. Diese sind allgemein gültig und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat.

Deutsches Arbeitsschutzrecht

Die Grundlage für den deutschen Arbeitsschutz liefert das Grundgesetz, in dem das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in den Artikeln 1 und 2 festgeschrieben ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Artikel 1 Abs. 1) „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ (Artikel 2 Abs. 2)

Auf dem Grundgesetz bauen alle weiteren Gesetze auf, mit denen die Anforderungen an den Arbeitsschutz geregelt werden. Die Gesetzgebung wird stark durch die Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Union beeinflusst.

Die grundlegenden Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers, die Pflichten und die Rechte der Beschäftigten sowie die Überwachung des Arbeitsschutzes durch die zuständigen staatlichen Behörden sind geregelt im Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (kurz: Arbeitsschutzgesetz, ArbSchG). Dieses Gesetz setzt die Anforderungen der europäischen Arbeitsschutzrahmen-Richtlinie (Richtlinie 89/391/EWG) in deutsches Recht um.

Daneben sind weitere Gesetze (z. B. Arbeitssicherheitsgesetz, Chemikaliengesetz) zu berücksichtigen, die u. a. auch die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen für den Vollzug von EU-Verordnungen in Deutschland schaffen. Die EU-Verordnungen gelten dabei unmittelbar auch für Deutschland und dürfen nicht in deutsche Gesetze überführt werden.

Die Gesetze enthalten eine Verordnungsermächtigung, auf deren Grundlage die Bundesregierung, einzelne Ministerien wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder Länderregierungen untergeordnete Verordnungen erlassen können. Diese sind rechtsverbindlich und sollen die gesetzlichen Pflichten konkretisieren.

Technisches Regelwerk

Technische Regeln dienen der Konkretisierung von Gesetzen und Verordnungen zum Arbeitsschutz. Sie enthalten Empfehlungen und technische Vorschläge dafür, auf welche Art und Weise die jeweiligen Forderungen umgesetzt werden können. Dabei geben sie den zum Zeitpunkt der Bekanntgabe aktuellen Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstiger gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse wieder. Generell sind Technische Regeln nicht rechtsverbindlich. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die zugrunde liegenden Forderungen der Gesetze und Verordnungen erfüllt sind (Vermutungswirkung). Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er beweisen, dass er mit dieser Lösung mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreicht. Die folgende Tabelle listet die in Deutschland aufgestellten Technischen Regelwerke sowie den herausgebenden Ausschuss auf.

Tabelle: Übersicht der in Deutschland aufgestellten Technischen Regelwerke

Technische Regeln für werden aufgestellt vom
Arbeitsstätten (ASR) Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) zur Konkretisierung der Arbeitsstättenverordnung
Betriebssicherheit (TRBS) Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) zur Konkretisierung der Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung
Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) zur Konkretisierung der Biostoffverordnung
Gefahrstoffe (TRGS) Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) zur Konkretisierung der Gefahrstoffverordnung
Arbeitsmedizinische Regeln (AMR) Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) zur Konkretisierung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge

Recht der Unfallversicherungsträger

Die Unfallversicherungsträger haben gemäß Sozialgesetzbuch VII u. a. die Aufgabe, "mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen."

In diesem Zusammenhang werden sie ermächtigt, Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen, "soweit dies zur Prävention geeignet und erforderlich ist und staatliche Arbeitsschutzvorschriften hierüber keine Regelung treffen". Neben diesen DGUV Vorschriften veröffentlichen die Unfallversicherungsträger unter anderem DGUV Regeln und DGUV Informationen:

  • DGUV Vorschriften:
    Die DGUV Vorschriften sind als autonomes Recht für die Versicherten verbindlich.
  • DGUV Regeln:
    Als Hilfestellung bei der Umsetzung der Anforderungen aus den staatlichen und autonomen Arbeitsschutzvorschriften erstellen die Unfallversicherungsträger DGUV Regeln unter Berücksichtigung von technischen Spezifikationen und Erfahrungen aus der Präventionsarbeit. Bei Einhaltung der dort gegebenen Empfehlungen kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass er geeignete Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren getroffen hat. Er hat aber auch die Möglichkeit, mit anderen Lösungen die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten zu erreichen.
  • DGUV Informationen:
    Als DGUV Informationen geben einzelne Unfallversicherungsträger spezielle Veröffentlichungen als unverbindliche Hilfestellungen und Empfehlungen für bestimmte Branchen, Tätigkeiten und Zielgruppen heraus.

Normung

Zur Konkretisierung der im europäischen und deutschen Regelwerk genannten grundlegenden Sicherheitsanforderungen werden Empfehlungen in Form von Normen auf der Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen veröffentlicht.

Die Organisation und Durchführung der Normungsarbeit in Deutschland obliegt u. a. dem Deutschen Institut für Normung (DIN). In dessen Ausschüssen sitzen Fachleute aus Unternehmen, Handel, Hochschulen, Verbraucherkreisen, Handwerk, Prüfinstituten und Behörden. Neben deutschen Normen (veröffentlicht als DIN-Norm) werden auch Normen auf europäischer Ebene bzw. internationaler Ebene erarbeitet (EN- bzw. ISO-Normen). Ihr Ursprung wird im Namen einer Norm deutlich. Eine DIN EN ISO z. B. wurde international erarbeitet und anschließend in die europäische und deutsche Normung übernommen.

VDI-Richtlinien

Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat ein eigeständiges technisches Regelwerk aufgebaut. Die darin enthaltenen ca. 2000 VDI-Richtlinien werden von Experten aus Industrie und Wissenschaft erarbeitet. VDI-Richtlinien stellen anerkannte Regeln der Technik dar.

Veröffentlichungen des Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI)

Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) setzt sich aus Vertretern der obersten Arbeitsschutzbehörden der Länder zusammen. Er berät die Arbeits- und Sozialministerkonferenz bei allen grundlegenden Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in der Arbeitswelt sowie der sicheren Gestaltung der Technik. Ziel des LASI sind länderübergreifende einheitliche Grundsätze. In diesem Zusammenhang veröffentlicht er Leitlinien und Handlungsanleitungen.