abgeschlossen 08/2005
Mehrere hundert Arbeitsunfälle mit teilweise irreparablen Verletzungen an Händen bzw. Gliedmaßen der Hand ereignen sich jährlich bundesweit während des Betriebs von Kreissägen. Erste Ansätze zum schnellen Anhalten/Absenken der Sägeblätter sowie zur Detektion gefährlicher Situationen auf der Grundlage unterschiedlicher kapazitiver Widerstände von Gliedmaßen und Werkstücken wurden in der jüngsten Vergangenheit zwar entwickelt, bieten aber insbesondere bei größeren Sägen noch keinen ausreichenden Schutz. Neue Ideen zur Abwehr der Gefahr bringenden Bewegung und der berührungslosen Erkennung der Finger durch eine Kombination von Sensoren sollten im vorliegenden Projekt zu einem umfassenden und preiswerten Schutz an Kreissägen führen. Die Grundprinzipien sind auch auf andere handgeführte Maschinen anwendbar.
Im Rahmen eines kooperativen Pilotprojektes zwischen dem Fachbereich Angewandte Informatik der FH Bonn-Rhein-Sieg und dem Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz - BGIA wurde die Leistungsfähigkeit von videobildbasierten Ansätzen in der Sicherheitstechnik systematisch untersucht. Dazu war vorgesehen, in einem ersten Entwicklungsschritt die Detektion von Handgliedmaßen innerhalb eines definierten Gefahrenbereichs durch eine computergestützte Videobildanalyse zu bearbeiten. Bei der Umsetzung der Videoanalyse war vorgesehen, eine Grob-zu-fein-Strategie zu realisieren und auf ihre Zuverlässigkeit zu testen. Ausgehend von der Position des Bedieners der Säge sollten nach der Detektion des Schulter/Arm-Bereichs in einem nächsten Schritt die Hand bzw. der Handwurzelbereich und davon ausgehend die einzelnen Handgliedmaßen detektiert werden. Diese Strategie sollte sicherstellen, dass zu jedem Zeitpunkt eine zuverlässige Aussage über den Aufenthalt gefährdeter Gliedmaßen getroffen werden kann. Der Verfahrensansatz sollte mit anderen Sensoren kombiniert werden, um die Zuverlässigkeit der Detektion zu erhöhen. Hier sollten insbesondere Sensoren zur Messung der Wärmestrahlung der Hände zum Einsatz kommen. Ziel dieses Pilotprojektes war es, neben der Realisierung einer zuverlässigen und sicheren Lösung der konkreten Fragestellung auch eine Aussage zur Zuverlässigkeit und Sicherheit eines auf Videobilddaten basierten Systemansatzes ableiten zu können. Ausgehend von der hier beschriebenen exemplarischen Anwendung sollte grundsätzlich der Einsatz von videobildbasierten Analyseverfahren für einen Einsatz in der Sicherheitstechnik geprüft werden.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits heute eine verbesserte Absicherung an Tisch- und Formatkreissägen möglich ist. Zur Ermittlung geeigneter Sensoren für die Unterscheidung von Finger bzw. Hand und Holz wurden folgende Sensortypen systematisch untersucht: passive Infrarotsensoren, Feldsensoren, Lasertriangulationssensoren, Spektral-Photometer, Laserscanner sowie die Videosequenzanalyse. Die Kombination eines Feldsensors (kapazitives Wechselfeld, das über eine Fußmatte auf den Nutzer gekoppelt wird) mit einem Passiv-Infrarotsensor eignet sich am besten für eine sichere Detektion der Hände. Die Untersuchungen am Spektral-Photometer sind viel versprechend, konnten aber im Rahmen des Projektes nicht abgeschlossen werden. Das vorgeschlagene diversitär-redundante Sensorprinzip kann, wenn es in Kombination mit einer neu entwickelten Schutzhaube an einer Kreissäge nachgerüstet wird, zu einer sicheren Arbeitsweise an einer Kreissäge führen und dadurch das Unfallgeschehen an derartigen Maschinen reduzieren. Auch wenn die Kosten des Prototyps noch bei etwa 500 € lagen, lassen sich die Materialkosten bei höherer Stückzahl auf unter 250 € reduzieren. Ein Nachrüstsatz für in Tischlereien eingesetzte Tisch- und Formatkreissägen würde damit zu einem realistischen Preis zur Verfügung stehen. Daneben lässt sich das neuartige Schutzkonzept besonders beim Anlernen nutzen. Durch die Schutzmaßnahmen gewöhnen sich die Auszubildenden in Lehrwerkstätten gar nicht an fehlerhafte Arbeitsweisen. Von Beginn an geht damit der sichere Umgang mit diesen gefährlichen Maschinen in die Ausbildung ein. Insbesondere die Arbeiten zur Personenerkennung über Videosequenzauswertungen weisen weit über die Anwendung an Tisch- und Formatkreissägen hinaus. In großen Montagehallen, in denen sich Roboter frei bewegen, könnte so durch die Kopfform des Menschen der Bereich, in dem sich Wartungspersonal aufhält, erkannt und die Bewegung der Robotik so eingeschränkt werden, dass Wartungspersonal nicht gefährdet werden kann. Eine genaue Lokalisierung von Wartungspersonal im Raum ist möglich, wenn man für die Erkennung mehr als ein Kamerasystem einsetzt. Die erzielte Robustheit des Verfahrens gegenüber Beleuchtungsunterschieden zeigt ein großes Potenzial der Videosequenzauswertung für den berührungslos wirkenden Arbeitsschutz an hoch automatisierten Anlagen.
Holzgewerbe
Gefährdungsart(en):Mechanische Gefährdungen
Schlagworte:Maschinensicherheit
Weitere Schlagworte zum Projekt:berührungslos wirkende Schutzeinrichtung, Fingererkennung, Handerkennung, videobildbasierter Ansatz, Grob-zu-fein-Strategie, Videobildanalyse